Es geht auch ohne Schneeschuhe
S onne, Sonntag, Schnee: Die Wintersportfans genießen das in vollen Zügen, auf überfüllten Parkplätzen und auf übervölkerten Pisten. Wer nicht in den Schwarzwald fährt, verpasst etwas, erzählen die Abfahrt-und Langlauf-Fans ebenso wie die Vertreter der relativ junge Spezies der Schneeschuh-Wanderer am Abend mit von Sport und Kälte gerötetem Gesicht. Doch es geht auch ohne Skizirkus und Langlaufloipe - und vor allem in beschaulicher Sonntagsruhe. Wer nämlich den Weg nach Westen, in den Kaiserstuhl wählt, wird nicht nur durch eine seltene Schneedecke über dem "Mittelmeer am Oberrhein" (so der Titel einer TV-Dokumentation) belohnt, sondern auch durch eine unglaubliche Stille, die nur gelegentlich von Kinderrufen durchbrochen wird. Selbst der Autoverkehr auf der Straße von Bötzingen ins Innere des Kaiserstuhl ists minimal.
Ausgangspunkt unserer Wanderung ist das "Badloch" an der Straße von Alt-Vogtsburg nach Oberbergen. Der Wanderparkplatz ist im Winter kaum genutzt, und die Picknick-Tische haben schon seit Wochen kein Vesper mehr gesehen. Aus dem Berg fließt das leicht radioaktive Thermalwasser durch die beiden Becken der Kneipp-Anlage, und zwei Jungen machen das, was Jungen offenbar immer gegen fließendes Wasser unternehmen müssen: Sie stauen es auf - vermutlich für die Wassertreter an künftigen wärmeren Tagen.
Neben den blauen Becken beginnt der steile Weg auf den Badberg. Durch Buschwerk hindurch geht es hinauf auf den Rücken des 140 Hektar großen Naturschutzgebiets "Haselschacher Buck und Badberg". Doch von den Salbei-Glatthaferwiesen und dem Halbtrockenrasen, die Naturschützer in Entzücken versetzen, ist unter der pappigen Schneedecke ebenso wenig zu sehen wie von Knabenkraut und Hundswurz, die in einigen Monaten wieder die Naturfotografen anlocken werden. Dafür bricht plötzlich ein einsames Reh aus dem Gebüsch und rast in kühnen Kurven den Hang hinunter, immer sorgsam bedacht, Abstand zu den wenigen Wanderern zu halten.
Am Schelinger Kreuz informiert eine Tafel nicht nur über Fauna und FLora, sondern auch über das Wegenetz durchs Naturschutzgebiet, das tunlichst nicht verlassen werden darf, auch im Winter nicht. Hinter der Tafel beginnt der zweite Aufstieg auf den Haselschacher Buck, an dessen Ende eher seltene Kaiserstuhl-Bewohner warten: zwei Schneemänner. Sie weisen uns den Weg in Richtung Vogelsang.
An verschiedenen Stellen im Schatten der Eichelspitze nutzen Kinder den Schnee zum Rodeln mit modernen Plastikrutschen ebenso wie mit schönen alten Holzschlitten. Das Vergnügen ist bei allen gleich groß, auch bei den Hunden, die sich im Schnee austoben. Mit den letzten kleinen Rodlern geht es hinab zum Vogelsang-Pass und auf der gegenüberliegenden Seite, immer der blauen Raute auf gelbem Grund nach, hinauf nach Neun Linden. Wohl dem, der angesichts des steilen Wegs, der zum Aussichtsturm auf 557 Meter Höhe führt, an Treckingstöcke gedacht hat. Denn unter dem Schnee liegt noch eine dicke Schicht Laub, und beides zusammen macht den Aufstieg zu einer ebenso rutschigen wie anstrengenden Angelegenheit. Der winterliche Laubwald hat seinen eigenen Reiz, durch die laublosen Äste kommt die Sonne durch und sorgt für ein abwechslungsreiches Spiel von Licht und Schatten auf der Schneedecke. Der Neun-Linden-Turm, der auf dem Gelände eines längst verschwundenen Klosters steht, bietet derzeit keinen Ausblick auf Rhein und Schwarzwald - er ist seit November wegen Bauarbeiten geschlossen. Und von deren Ende verrät der entsprechende Hinweis an der verschlossenen Turmtür nichts.
Nicht gerade viel begangen ist der weitere Weg bergab, erst in Richtung Oberbergen und nach dann nach rechts zurück zum Parkplatz. Zum Glück war bereits ein einsamer Wanderer auf dem schmalen Weg durch den hier dichteren Wald, sodass wir dessen Spur folgen können. Erst kurz vor den Rebhängen trennen sich unsere Wege, doch von da an ist der Parkplatz schon zu sehen und wir können nach Gefühl durch den Schnee stapfen.
Drei Stunden waren wir unterwegs, und der Parkplatz ist inzwischen völlig verwaist. Jetzt bleibt uns nur noch die Qual der Wahl eines geeigneten Lokals für einen wärmenden Tee und ein deftiges Wandervesper. Doch daran herrscht im Inneren des Kaiserstuhls kein Mangel.
Rolf Müller
Vom Badberg zum Totenkopf, Freizeitkarte 505 Naturpark Südschwarzwald 1; und als Naturführer Wilmanns u. a., Der Kaiserstuhl, Gesteine und Pflanzenwelt, Eugen Ulmer Verlag, 1989 (derzeit vergriffen)
Ausgangspunkt unserer Wanderung ist das "Badloch" an der Straße von Alt-Vogtsburg nach Oberbergen. Der Wanderparkplatz ist im Winter kaum genutzt, und die Picknick-Tische haben schon seit Wochen kein Vesper mehr gesehen. Aus dem Berg fließt das leicht radioaktive Thermalwasser durch die beiden Becken der Kneipp-Anlage, und zwei Jungen machen das, was Jungen offenbar immer gegen fließendes Wasser unternehmen müssen: Sie stauen es auf - vermutlich für die Wassertreter an künftigen wärmeren Tagen.
Neben den blauen Becken beginnt der steile Weg auf den Badberg. Durch Buschwerk hindurch geht es hinauf auf den Rücken des 140 Hektar großen Naturschutzgebiets "Haselschacher Buck und Badberg". Doch von den Salbei-Glatthaferwiesen und dem Halbtrockenrasen, die Naturschützer in Entzücken versetzen, ist unter der pappigen Schneedecke ebenso wenig zu sehen wie von Knabenkraut und Hundswurz, die in einigen Monaten wieder die Naturfotografen anlocken werden. Dafür bricht plötzlich ein einsames Reh aus dem Gebüsch und rast in kühnen Kurven den Hang hinunter, immer sorgsam bedacht, Abstand zu den wenigen Wanderern zu halten.
Am Schelinger Kreuz informiert eine Tafel nicht nur über Fauna und FLora, sondern auch über das Wegenetz durchs Naturschutzgebiet, das tunlichst nicht verlassen werden darf, auch im Winter nicht. Hinter der Tafel beginnt der zweite Aufstieg auf den Haselschacher Buck, an dessen Ende eher seltene Kaiserstuhl-Bewohner warten: zwei Schneemänner. Sie weisen uns den Weg in Richtung Vogelsang.
An verschiedenen Stellen im Schatten der Eichelspitze nutzen Kinder den Schnee zum Rodeln mit modernen Plastikrutschen ebenso wie mit schönen alten Holzschlitten. Das Vergnügen ist bei allen gleich groß, auch bei den Hunden, die sich im Schnee austoben. Mit den letzten kleinen Rodlern geht es hinab zum Vogelsang-Pass und auf der gegenüberliegenden Seite, immer der blauen Raute auf gelbem Grund nach, hinauf nach Neun Linden. Wohl dem, der angesichts des steilen Wegs, der zum Aussichtsturm auf 557 Meter Höhe führt, an Treckingstöcke gedacht hat. Denn unter dem Schnee liegt noch eine dicke Schicht Laub, und beides zusammen macht den Aufstieg zu einer ebenso rutschigen wie anstrengenden Angelegenheit. Der winterliche Laubwald hat seinen eigenen Reiz, durch die laublosen Äste kommt die Sonne durch und sorgt für ein abwechslungsreiches Spiel von Licht und Schatten auf der Schneedecke. Der Neun-Linden-Turm, der auf dem Gelände eines längst verschwundenen Klosters steht, bietet derzeit keinen Ausblick auf Rhein und Schwarzwald - er ist seit November wegen Bauarbeiten geschlossen. Und von deren Ende verrät der entsprechende Hinweis an der verschlossenen Turmtür nichts.
Nicht gerade viel begangen ist der weitere Weg bergab, erst in Richtung Oberbergen und nach dann nach rechts zurück zum Parkplatz. Zum Glück war bereits ein einsamer Wanderer auf dem schmalen Weg durch den hier dichteren Wald, sodass wir dessen Spur folgen können. Erst kurz vor den Rebhängen trennen sich unsere Wege, doch von da an ist der Parkplatz schon zu sehen und wir können nach Gefühl durch den Schnee stapfen.
Drei Stunden waren wir unterwegs, und der Parkplatz ist inzwischen völlig verwaist. Jetzt bleibt uns nur noch die Qual der Wahl eines geeigneten Lokals für einen wärmenden Tee und ein deftiges Wandervesper. Doch daran herrscht im Inneren des Kaiserstuhls kein Mangel.
Rolf Müller
Vom Badberg zum Totenkopf, Freizeitkarte 505 Naturpark Südschwarzwald 1; und als Naturführer Wilmanns u. a., Der Kaiserstuhl, Gesteine und Pflanzenwelt, Eugen Ulmer Verlag, 1989 (derzeit vergriffen)
am
Fr, 25. Februar 2005