"Es geht auch um eigene Ängste"
1999, als sich "The Sixth Sense" zum Überraschungserfolg mauserte, wurde er als Wunderkind gefeiert. Seitdem ist M. Night Shyamalan (46) auf Horror- und Fantasy-Szenarien abonniert und landete mit "Unbreakable" (2000) und "Signs" (2002) weitere Hits. Seine teuren Filme wie "After Earth" und "Die Legende von Aang" blieben hinter den Erwartungen zurück, warum der US-Regisseur jetzt wieder mit kleineren Budgets arbeitet. Sein neues Gruselwerk "Split" spielt größtenteils in einem riesigen Kellergewölbe. Markus Tschiedert traf M. Night Shyamalan zum Interview.
Ticket: Auch "Split" hat ein völlig unerwartetes Finale, das auf einen Ihrer früheren Filme hinweist. Warum ist dieser Twist so wichtig?
Shyamalan: Es geht mir stets darum, was in der realen Welt existiert, aber keiner glauben mag. Etwa das Chaos, das entstehen kann, wenn Geist und Körper nicht mehr richtig in Verbindung stehen. Könnte jemand mit einer multiplen Persönlichkeitsstörung sogar übermenschliche Kräfte entwickeln, wenn er seinen Körper jeder seiner Identitäten immer wieder anpasst? Wenn ich etwa glaube, ein russischer Athlet zu sein, könnte ich dann auch Gewichte stemmen? Allein aus der Kraft des Glaubens?
Ticket: James McAvoy meistert seine schizophrene Rolle meisterhaft. War er Ihr Wunschkandidat?
Shyamalan: Ich hatte anfangs an keinen speziellen Schauspieler gedacht. Ich denke, ich hatte allenfalls eine Liste mit nicht mal zehn Namen, denen ich es zutraute, in so viele Persönlichkeiten zu schlüpfen. Voraussetzung war natürlich ein bestimmtes Alter und eine gewisse Körperlichkeit. Es gab viel, was berücksichtigt werden musste, und mir war klar, dass für die Rolle ein immenser Mut erforderlich wäre. Als Schauspieler ist man sehr ungeschützt, wenn man sich auf das einlässt, was der Regisseur verlangt. Aber James war furchtlos genug, sich darauf einzulassen, und ich könnte mir heute gar keinen anderen mehr für diese Rolle vorstellen.
Ticket: Nachdem Sie die Schattenseiten Ihres Berufs kennengelernt haben, sind Ihre Erfolgserwartungen mit "Split" sicher hoch...
Shyamalan: Das muss man abwarten, aber bisher klingt alles ziemlich gut für mich. Das Gute, wenn man einen Film mit geringem Budget dreht: Es geht weniger um den Profit. Bereits "The Visit" war ein Low-Budget-Film, weshalb er 2015 eine der gewinnbringendsten Produktionen war. Mit "Split" lasse ich mich kreativ auf neue Risiken ein, wenn ich eine Figur, vor der man sich fürchtet, in eine verwandle, mit der man mitfühlt. Das allein ist schon sehr gefährlich für einen kommerziellen Film.
Ticket: Wie schätzen Sie heute Ihre Erfahrungen mit teuren Filmproduktionen ein?
Shyamalan: Manche Regisseure fühlen sich sicherlich wohl damit, Tausende von Mitarbeitern anzuweisen, Pläne zu erstellen und mit aufwendigen Digitaleffekten zu arbeiten. Peter Jackson, Steven Spielberg und James Cameron lieben das sicherlich. Mir liegt jedoch mehr daran, Grenzen auslotsen zu können und darüber zu diskutieren. Man muss also selbst herausfinden, welche Art des Filmemachens besser zu einem passt. Je zielgerichteter man ist, desto mehr findet man zu seiner eigenen Kraft.
Ticket: Bekämpfen Sie mit Ihren Filmen, zu denen Sie auch stets das Drehbuch schreiben, eigentlich eigene Ängste?
Shyamalan: Manchmal schon. Ich glaube, dass alle Autoren ihre urbanen und familiären Mythen und Alpträume verarbeiten, sodass sie keine Gewalt mehr über sie haben.
Ticket: Konnten Sie denn alle Ihre Ängste auf die Weise verarbeiten?
Shyamalan: Nein, da gibt es noch einige mehr. Das wird wohl kein Ende finden (lacht). Mich würde interessieren, wie Stephen King darauf antworten würde. In seinen Büchern geht es oft um Schriftsteller. Seine Geschichten spielen meist im US-Bundesstaat Maine – meine in Philadelphia. Ich gehe dort oft spazieren und stelle mir vor, was passieren könnte und was wäre, wenn plötzlich ein Schrei ertönen würde.
von tsc
Shyamalan: Es geht mir stets darum, was in der realen Welt existiert, aber keiner glauben mag. Etwa das Chaos, das entstehen kann, wenn Geist und Körper nicht mehr richtig in Verbindung stehen. Könnte jemand mit einer multiplen Persönlichkeitsstörung sogar übermenschliche Kräfte entwickeln, wenn er seinen Körper jeder seiner Identitäten immer wieder anpasst? Wenn ich etwa glaube, ein russischer Athlet zu sein, könnte ich dann auch Gewichte stemmen? Allein aus der Kraft des Glaubens?
Ticket: James McAvoy meistert seine schizophrene Rolle meisterhaft. War er Ihr Wunschkandidat?
Shyamalan: Ich hatte anfangs an keinen speziellen Schauspieler gedacht. Ich denke, ich hatte allenfalls eine Liste mit nicht mal zehn Namen, denen ich es zutraute, in so viele Persönlichkeiten zu schlüpfen. Voraussetzung war natürlich ein bestimmtes Alter und eine gewisse Körperlichkeit. Es gab viel, was berücksichtigt werden musste, und mir war klar, dass für die Rolle ein immenser Mut erforderlich wäre. Als Schauspieler ist man sehr ungeschützt, wenn man sich auf das einlässt, was der Regisseur verlangt. Aber James war furchtlos genug, sich darauf einzulassen, und ich könnte mir heute gar keinen anderen mehr für diese Rolle vorstellen.
Ticket: Nachdem Sie die Schattenseiten Ihres Berufs kennengelernt haben, sind Ihre Erfolgserwartungen mit "Split" sicher hoch...
Shyamalan: Das muss man abwarten, aber bisher klingt alles ziemlich gut für mich. Das Gute, wenn man einen Film mit geringem Budget dreht: Es geht weniger um den Profit. Bereits "The Visit" war ein Low-Budget-Film, weshalb er 2015 eine der gewinnbringendsten Produktionen war. Mit "Split" lasse ich mich kreativ auf neue Risiken ein, wenn ich eine Figur, vor der man sich fürchtet, in eine verwandle, mit der man mitfühlt. Das allein ist schon sehr gefährlich für einen kommerziellen Film.
Ticket: Wie schätzen Sie heute Ihre Erfahrungen mit teuren Filmproduktionen ein?
Shyamalan: Manche Regisseure fühlen sich sicherlich wohl damit, Tausende von Mitarbeitern anzuweisen, Pläne zu erstellen und mit aufwendigen Digitaleffekten zu arbeiten. Peter Jackson, Steven Spielberg und James Cameron lieben das sicherlich. Mir liegt jedoch mehr daran, Grenzen auslotsen zu können und darüber zu diskutieren. Man muss also selbst herausfinden, welche Art des Filmemachens besser zu einem passt. Je zielgerichteter man ist, desto mehr findet man zu seiner eigenen Kraft.
Ticket: Bekämpfen Sie mit Ihren Filmen, zu denen Sie auch stets das Drehbuch schreiben, eigentlich eigene Ängste?
Shyamalan: Manchmal schon. Ich glaube, dass alle Autoren ihre urbanen und familiären Mythen und Alpträume verarbeiten, sodass sie keine Gewalt mehr über sie haben.
Ticket: Konnten Sie denn alle Ihre Ängste auf die Weise verarbeiten?
Shyamalan: Nein, da gibt es noch einige mehr. Das wird wohl kein Ende finden (lacht). Mich würde interessieren, wie Stephen King darauf antworten würde. In seinen Büchern geht es oft um Schriftsteller. Seine Geschichten spielen meist im US-Bundesstaat Maine – meine in Philadelphia. Ich gehe dort oft spazieren und stelle mir vor, was passieren könnte und was wäre, wenn plötzlich ein Schrei ertönen würde.
von tsc
am
Fr, 27. Januar 2017
Info
SPLIT
Regie: M. Night Shyamalan
Mit James McAvoy, Anya Taylor-Joy, Haley Lu Richardson, Jessica Sula.
117 Minuten, frei ab 16 Jahren
Die Story
Die Freundinnen Casey (Taylor-Joy), Claire (Richardson) und Marcia (Sula) werden entführt und in einen Keller gesperrt. Ihr Entführer Kevin (James McAvoy) ist psychisch gestört in 23 Persönlichkeiten gespalten. Er wird mal zur Frau, mal zum Kind und immer öfter zur tödlichen Bestie...
Autor: bz