Ticket-Interview

Ewan McGregor über den Erfolg seines Regiedebüts"Amerikanisches Idyll"

TICKET-INTERVIEW: Ewan McGregor über den Erfolg seines Regiedebüts "Amerikanisches Idyll".

Das Drogen-Drama "Trainspotting" war für Ewan McGregor vor 20 Jahren die Eintrittskarte ins große Filmgeschäft. Seither hat er nicht nur in drei "Star Wars"-Filmen den Jedi-Ritter Obi-Wan Kenobi gespielt, sondern brillierte auch in Thrillern ("Ghostwriter"), Western ("Jane Got a Gun") und Komödien ("Mortdecai"). Nun zog es den 45-jährigen Schotten hinter die Kamera. Sein Regiedebüt, das Drama "Amerikanisches Idyll", in dem er auch die Hauptrolle spielt, stellte er auf dem Filmfest Hamburg vor. Markus Tschiedert traf ihn dort zum Interview.

Ticket: Warum haben Sie sich für Ihr Regiedebüt Philip Roths Pulitzer-preisgekrönten Roman "Amerikanisches Idyll" ausgesucht?
Ewan McGregor: Vor mehr als drei Jahren kam ich das erste Mal mit dem Projekt in Berührung, als mir die Hauptrolle des Familienvaters angeboten wurde. Vier Monate vor Drehbeginn sprang der Regisseur ab. Ich dachte, das war’s. Doch meine Frau sagte: "Du solltest die Regie übernehmen." Schließlich hatte ich schon lange mal diesen Wunsch geäußert, nur suchte ich noch nach dem richtigen Projekt.
Ticket: Wie entwickelte sich dann das Filmprojekt?
McGregor: Na ja, ich beschäftigte mich einen Tag lang mit dem Drehbuch, sah mir jede Seite an und versuchte mir jede Szene vorzustellen. Ich stellte mir viele Fragen: Sehe ich auch mich in der Szene? Kann ich mir den ganzen Film vorstellen? Bekomme ich eine Vision vom Film und schaffe ich das überhaupt? Danach war ich ganz angetan von der Idee, mich darauf einzulassen.
Ticket: Gab es bei Ihnen eine Initialzündung?
McGregor: Ich glaube, es ist die Beziehung zwischen dem Vater und seiner Tochter in der Geschichte. Das hat mich gekriegt, denn ich bin selbst Vater von vier Mädchen. Als ich das Drehbuch das erste Mal las, war meine älteste Tochter Clara ein paar Jahre davon entfernt, selbst unser Zuhause zu verlassen, um aufs College zu gehen. Im Unterbewusstsein muss ich mich bereits auf diesen Verlust vorbereitet haben. Im Kern des Films geht es um einen Vater, der seine Tochter verliert, und wahrscheinlich war das entscheidend für mich.
Ticket: Auf welche Weise wollten Sie die im Buch beschriebenen Vater-Tochter-Beziehung filmisch umsetzen?
McGregor: Im Buch wird sie noch viel weiter erforscht. Mir war aber klar, dass wir nicht alle Themen im Film unterbringen können oder abändern müssen. Etwa den Kuss im Auto, wo sie ihren Vater bittet, sie wie eine richtige Frau zu küssen.
Ticket: Warum diese Situation?
McGregor: Im Buch wird damit das Tabu von Inzest abgehandelt, aber daraus entwickelt sich nichts, außer dass der Vater sich schuldig fühlt und man denken könnte, das könnte der Grund für ihr späteres Verhalten sein. Wenn aber im Film ein Kind so geküsst wird, geht es nur noch darum. Deshalb haben wir unsere eigene Version der Szene im Auto gedreht. Der Vater lehnt den Wunsch seiner Tochter ab, sie wie eine Frau zu küssen. Aber er spürt, mit ihr stimmt was nicht.
Ticket: Wie wichtig ist es, dass die Geschichte in den 1960ern und 1970ern spielt?
McGregor: Es war Philip Roth sehr wichtig zu erzählen, wie Vietnam und Rassenunruhen die Generationen entzweiten. Dem wollte ich treu bleiben, auch wenn die Themen zeitlos erscheinen. Die Konflikte auf den Straßen von Amerika entscheiden sich nicht so sehr von damals, und dass Eltern mit ansehen müssen, wie sich ihre Kinder radikalisieren, gibt es auch heute.
Ticket: War es schwer, Regisseur plus Hauptdarsteller zu sein?
McGregor: Nein, denn ich habe mich noch nie so intensiv auf einen Film vorbereitet wie auf diesen.
Ticket: Ihr Debüt wurde auf etlichen Filmfestivals gefeiert. Wie sehr schmeichelt das Ihrem Ego?
McGregor: Ab und zu musste ich mich schon kneifen, ob das alles wahr ist. Es war also alles sehr aufregend für mich – und auch das erste Mal, als Regisseur auf die Bühne gebeten zu werden. Das ist wiederholenswert (lacht)!











von tsc
am Fr, 18. November 2016

Info

AMERIKANISCHES IDYLL

Regie: Ewan McGregor
Mit Ewan McGregor, Jennifer Connelly, Dakota Fanning u. a.
109 Minuten, frei ab 12 Jahren

Die Story
In den 1960ern versucht Fabrikant Seymour Levov (McGregor) mit Frau Dawn (Connelly) und Tochter (Fanning) eine amerikanische Vorzeigefamilie zu sein. Doch Vietnamkrieg und Rassenunruhen führen dazu, dass sich die Tochter radikalisiert und die Frau zusammenbricht...  

Autor: bz

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