Unternehmensgeschichte

Ganter: Freiburgs große Bierdynastie feiert 150 Jahre

1865 hat Ludwig "Louis" Ganter die gleichnamige Brauerei gegründet – ein Unternehmen, das in 150 Jahren Freiburger Wirtschaftsgeschichte geschrieben hat. Und das wird am kommenden Wochenende ausgiebig gefeiert.

Freiburg hat im Jahr 1865 rund 20 000 Einwohner. Immerhin 15 Brauereien versorgen die Einwohner mit Bier. 1865 ist auch das Jahr, in dem die kleine Brauerei Ringwald an der Schiffstraße mitten in der Altstadt den Besitzer wechselt. Ludwig Ganter, gerade 24, zieht mit seiner Frau Marie aus Schönau im Schwarzwald hinunter in die Stadt. Er kauft das Ringwald’sche Anwesen, das eine wechselhafte Geschichte hat. Seit 1847 beherbergte das Gebäude Ringwalds Brauerei. Davor lebte hier von 1531 an vier Jahre lang der Humanist Erasmus von Rotterdam.

Die erste Gaststätte stand dort, wo heute die Schwarzwald-City ist

Ludwig Ganter, den alle Louis nannten, hatte sich in einem Geheimbuch einen Geschäftsplan ertüftelt. Er hatte sich bei Vater und Onkel Geld geliehen und startete das Abenteuer Freiburg mit Brauerei und Hauptgaststätte an der Stelle, an der heute die Schwarzwald-City steht. Louis Ganter hatte Erfolg mit seinem Bier: Die Umsätze stiegen innerhalb der ersten sechs Jahre von 24 000 auf 58 000 Gulden. Und der Jungunternehmer zeigt sich innovationsfreudig. Er kaufte schon 1867 eine Dampfmaschine – und gehörte damit zu den Pionieren im Brauereiwesen in Deutschland, wie die Autorin Sabine Frigge in ihrer als Buch erschienenen Chronik über die Brauerei Ganter schreibt. Die Dampfmaschine löste die direkte Befeuerung der Malz- und Sudhäuser ab. Das sorgte für besseres Bier und eine gleichbleibende Qualität: Vorsprung durch Technik.

Schon zwölf Jahre nach dem Start kam der nächste Schritt. Der Schwarzwälder Ganter zog mit seinem Unternehmen aus der Stadt hinaus an die Schwarzwaldstraße in der Oberau. Louis Ganter kaufte das zwei Hektar große Areal einer Ölmühle – mit eigenem Tiefbrunnen, der bestes Wasser lieferte.

1883 kam die nächste Innovation, die zugleich eine Attraktion war: Die erste Kältemaschine wurde geliefert. Diese Erfindung revolutionierte das Brauereiwesen. Vorher konnte nur im Winter gebraut werden. Das Bier musste mit Eisblöcken in Felsenkellern gekühlt werden. Die Brauerei Ganter hat ihre Keller unterm Schlossberg. Die Kältemaschine war die erste ihrer Art in Freiburg. Als sie geliefert wurde, demonstrierte Louis Ganter seinen Kindern die Funktionsweise, indem er einen Zweig Kirschen einfrieren ließ.

Das Unternehmen prosperierte. 1884/85 führte Ganter die größte Brauerei Freiburgs mit einem Ausstoß von 40 000 Hektolitern. Louis Ganter war in der Stadt auch im Bürgerausschuss, dem Vorläufer des Gemeinderates, engagiert. Und er holte sich frisches Kapital für Investitionen, indem er die Firma in eine Aktiengesellschaft umwandelte und Anteile verkaufte. Im Laufe der Jahre kam eine Flaschenbierabfüllanlage hinzu. 1898 ließ Ganter das Wodan-Bier, das Starkbier der Brauerei, gesetzlich schützen. Später auch den Greif, den Freiburger Adlerkopf, der zur Zähringerzeit auf Münzen geprägt worden war und der seit 1900 das Wappen der Brauerei prägt.

Besuch bein Anheuser-Busch -der damals größten Brauerei der Welt

1899 trat Hermann Ganter, der Sohn des Firmengründers, als zweiter Direktor ins Unternehmen ein. Ganter junior hatte zuvor eine Bildungsreise in die USA unternommen und in St. Louis Bier-Tycoon Adolphus Busch getroffen, der ihm mehrere Tage die Brauerei Anheuser-Busch zeigen ließ, damals die größte Brauerei der Welt. Mit neuen Ideen kehrte Hermann Ganter nach Freiburg zurück, was auch zu Konflikten führte.

Immer gut gewesen ist das Verhältnis der Familie Ganter zur Belegschaft. Die unverheirateten Brauburschen wohnten damals auf dem Brauereigelände. Für jeden Bierbrauer oder Mälzer gab es pro Tag sechs Liter Haustrunk, für jeden Arbeiter vier Liter. Die tägliche Arbeitszeit war auf neun Stunden festgelegt – in anderen Brauereien mussten pro Tag zehn bis elf Stunden gearbeitet werden.

Ärger gab es auch wegen der sich ständig erhöhenden Biersteuer. 1880 etwa entfielen 25 Prozent der Steuereinnahmen der Stadt Freiburg auf die Biersteuer. Der Erste Weltkrieg kam und mit ihm die Krise. Es konnte nur noch Dünnbier gebraut werden. Der Versailler Vertrag nach Kriegsende ordnete die Welt neu. Die Brauerei Ganter verlor knapp die Hälfte ihres Absatzgebietes, das in Elsass-Lothringen gelegen hatte.

Nach der Krise machte sich Ganter auf die Suche nach der Nische

Die "goldenen 20er-Jahre" kurbelten auch das Biergeschäft wieder an. Hermann Ganter kaufte 1924 eine neue Dampfturbine, die bis Ende der 1980er-Jahre ihren Dienst leistete. Im gleichen Jahr schloss Ganter einen Vertrag mit dem größten Freiburger Konkurrenten, der Löwenbrauerei, deren Bier sie künftig braute. Viele Jahrzehnte später wurden die Marken dann zusammengelegt – eine Entscheidung, die vielen Freiburger Biertrinkern nicht schmeckte. Wieder kam eine Wirtschaftskrise, an deren Ende nur drei Freiburger Brauereien übrig blieben. Zu den besten Bierzeiten hatte es in Freiburg 21 Braustätten gegeben.

Im Zweiten Weltkrieg überstand die Brauerei den für Freiburg verheerenden Luftangriff am 27. November 1944 glimpflich. Doch fünf Tage später traf ein weiterer Angriff die Brauerei. Es gab Tote auf dem Gelände und zerstörte Gebäude. Der Brunnen blieb intakt. Viele Freiburger kamen danach Tag für Tag auf das Gelände, um sich mit sauberem Trinkwasser zu versorgen. Der Neuanfang war schwierig. Auch 41 Ganter-Wirtschaften waren zerstört worden.

Im Juni 1945 starb Hermann Ganter. Sohn Hans, damals 29, trat in die Unternehmensführung ein und lenkte mit Georg Kammermeier, der als Braumeister angefangen hatte, den Neustart. 1951/52 ging die neue Flaschenabfüllanlage in Betrieb. Nach und nach baute Ganter die Gaststätten wieder auf, wie 1953 etwa den Deutscher Kaiser, den Goldenen Sternen und Bankepeter. Das Wirtschaftswunder kurbelte den Absatz an. Zeitweise stieg der Ausstoß auf 350 000 Hektoliter. Das Verbreitungsgebiet lag im Bereich 150 Kilometer um Freiburg.

Aber auf dem Markt wurde es rauer. Die Konzernbrauereien waren auf dem Vormarsch. Später folgten die sogenannten "Fernsehbiere". Wegen Lochfraß in Gärbottichen plagte Ganter zu allem Unglück vorübergehend noch ein Qualitätsproblem.

Ganter musste Mitarbeiter entlassen und sich gesundschrumpfen. Mehr und mehr begann die Brauerei, sich als regionale Marke im Herzen der Stadt Freiburg zu etablieren. 1996 erblickte das "Freiburger Pilsener" das Licht der Bierwelt.

10000 Stimmen für die Ganter-Rösser

Eine Niederlage für das Traditionshaus war es, als 2005 nach 100 Jahren die Partnerschaft mit dem SC Freiburg endete. Da war Ganter längst auf der Suche nach der Nische. 2008 wurden 5,5 Millionen Euro investiert – mit dem Konzept Ganter 2010 wurde die Brauerei moderner, ökologischer, kleiner. Aber auch zukunftsfähig. 2012 verzeichnete das Unternehmen mit den Geschäftsführern Detlef Frankenberger und, in vierter Generation der Familie, Katharina Ganter-Fraschetti ein Plus. 17,3 Millionen Euro betrug der Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr. Rund 1000 Gaststätten in ganz Südbaden werden von der Brauerei beliefert.

Vieles hat sich grundlegend geändert in 150 Jahren.

Manch Althergebrachtes ist aber geblieben. So wird auch heute noch, immer mittwochs, das Fassbier für die Ganter-Gaststätten in der Freiburger Altstadt mit dem Pferdefuhrwerk ausgefahren. Dabei stand einst auch diese Tradition auf der Kippe: 1967 gab es in Freiburg Stimmen, die im 2-PS-Brauereigespann eine Behinderung des zunehmenden Verkehrs sahen. Hans und Irma Ganter starteten eine Umfrage per Zeitung. Es gab nur 18 Nein-Stimmen – und 10 000 Mal ein Ja für die Ganter-Rösser.
Ganter Hoffest

  • Gefeiert wird auf dem Gelände der Brauerei am Samstag, 29. August, von 12 bis 24 Uhr und am Sonntag, 30. August, von 11 bis 22 Uhr.
  • An beiden Tagen wird das Freiburger Essgässle aufgebaut mit rund 30 Streetfood-Trucks und Essständen.
  • Am Sonntag können Interessierte bei einem Tag der offenen Tür einen Blick hinter die Kulissen der Brauerei werfen.
  • Für die kleinen Gäste gibt es ein eigenes Kinderprogramm, um das sich die Freiburger Turnerschaft von 1844 kümmert. Es werden auch Rundfahrten mit der hauseigenen Pferdekutsche angeboten. Die Bergwacht bietet die Möglichkeit zum Kistenklettern.
  • Das "Freiburger Pilsner AfK Biking Team" bietet für Radsportler begleitete Touren über 10, 20 oder 30 Kilometer an. Wer mitfahren will, sollte am Sonntag, 11 Uhr, mit eigener Ausrüstung an die Brauerei kommen.
  • Dazu gibt es an beiden Tagen des Hoffestes viel Musik. Am Samstag treten die Fidelen Forchheimer (13 Uhr), die Badisch Böhmischen (16 Uhr) und The Brothers (19 Uhr) auf. Am Sonntag sind die Hallelujah Stompers (11 Uhr), die Eckepfätzer (14 Uhr) und Randy Club (17 Uhr) zu hören.
von Joachim Röderer
am Fr, 28. August 2015 um 12:42 Uhr

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