Drone-Pop

Gazelle Twin in Basel

Wirren, Überraschungen und Verzweiflungen der Pubertät sind die Themen, die Gazelle Twin auf ihrem Album "Unflesh" behandelt. Das stellt sie am Samstag im Haus der Elektronischen Künste im Basler Münchenstein vor.

Dunkle Synthesizer brummen und rauschen. Wirre Stimmsamples verdichten sich zu einem kräftigen Schreien. Ist das noch Musik oder schon Lärm?

Diese Frage kommt auf, sobald die ersten Takte von "Unflesh" erklingen, dem zweiten Album von Gazelle Twin. Mit gleichnamigem erstem Stück erschafft die englische Musikerin und Sängerin, die eigentlich Elizabeth Bernholz heißt und am Samstag im Haus der Elektronischen Künste in Münchenstein auftritt, eine düstere Atmosphäre. Eine Klanglandschaft, wie geschaffen, um die utopische, bisweilen dystopische Science Fiction des US-amerikanischen Drehbuchautors und Regisseurs David Lynch musikalisch zu unterlegen.

Sein Filmwerk, genauso wie die Arbeiten des kanadischen Filmregisseurs David Cronenberg, nennt die 1981 im Süden Englands geborene Bernholz als wesentliche Einflüsse für ihr eigenes Schaffen. So erzählt sie in einem Interview mit dem englischsprachigen Onlinemagazin Popmatters, dass sie als Kind Lynch- und Cronenberg-Filme mit vor Schrecken und Faszination gleichermaßen angehaltenem Atem angeschaut habe. Das Gefühl, innerlich aufgeregt zu sein, habe sie angezogen.

Innere Unruhe und Angespanntsein erlebt Bernholz Jahre später als Teenagermädel in der Pubertät. Sie fühlt sich fremd im eigenen Körper, gleichzeitig entdeckt sie diesen neu. Mal verspürt sie ein gesteigertes sexuelles Verlangen. Dann wieder lehnt sie es ab. Damit nicht genug. Sie lehnt auch sich selbst als Mensch ab. Wilde Phantasien und der Gedanke, das eigene Leben zu beenden, bestimmen ihr Denken.

"Anti Body", "Belly of the Beast", "Good Death": Mit Songtiteln wie diesen arbeitet sie sich auf "Unflesh", erschienen im Herbst 2014 auf dem Independent-Label Last Gang Records, an ihren Erinnerungen an diese Zeit ab. Sie lässt Synthesizer fast schon drone-artig rauschen und knistern. Beats hämmern, krachen, donnern. Ambient-Pop und Noise treffen Industrial und New Wave. Im Unterschied zu ihrem Debütalbum "The Entire City" von 2011, flirrt und schwebt ihre Stimme auf "Unflesh" nicht. Sie schleppt sich über den düsteren Groove. Sie klingt abgehackt. Getrieben. Gehetzt.

Support im Haus der Elektronischen Künste kommt von Daniel Buess und Kaspar T. Toeplitz. Zusammen sind sie die Band My Daily Noise. Der Titel ist Programm, stehen sie doch für laute, aggressive Musik zwischen Industrial und Elektronik. Musik oder Lärm? Auch hier bleibt diese Frage offen.
Basel, Gazelle Twin & My Daily Noise, Samstag, 24. Januar 2015, 21 Uhr, Eintritt: 15 (ermäßigt 10) Schweizer Franken
von Bernhard Amelung
am Fr, 23. Januar 2015 um 17:49 Uhr

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