Mit dem Zwerg auf den Berg

Gerne wieder: Hoch auf den Schauinsland

GERNE WIEDER:Ein Schauinslandausflug taugt für jede Jahreszeit.

ie unterschiedlich die Menschen doch ticken! Die einen sind stets auf der Suche nach dem Unbekannten, die anderen zieht es Jahr für Jahr an denselben Urlaubsort oder sie machen den gleichen Wochenendausflug. Autoren der BZ schreiben in unserer Serie "Gerne wieder", warum es sie immer wieder an den gleichen Ort zieht. Viel Vergnügen!

WUnten: Schmuddelwetter. Oben: blauer Himmel. Zwischendrin: wir, baumelnd in der Schauinslandbahn, flüchtend vor der Nebelsuppe mit verkniffenen Schlechtwetternudeln. Mit Ebbe in der Reisekasse und trotzdem auf der Flucht. Kennen mittlerweile jeden Busch, jeden Fels am Wegesrand auf unserer sieben Kilometer langen Lieblingswanderstrecke vom Gipfel zur Talstation der Schauinslandbahn in Freiburg.

Wir schaukeln zu allen Jahreszeiten in der Bahn der Sonne entgegen, auf unserem kleinen Urlaub vom Alltag. So genießen wir auch jetzt, in der Übergangszeit kurz vor dem Winter, den Blick auf Wolkenmeer statt Südsee. Und blicken auf den glattgebürsteten, grünen Wald mit seinen bunten rotgoldgelben Laubsträhnen hinunter in den Wolkenozean. Atmen die kühle Luft und finden, dass der Blick heute ein besonders schöner ist – wir müssen es schließlich wissen, so oft wie wir hier sind: Anstelle von Helikopterskifahren in Kanada sausen wir im Winter die lange Schauinslandabfahrt per Schlitten hinunter.

Das ist meist im Januar, wenn auf den Kanaren schon wieder die Mandelblüte beginnt, die bis Ende März dauert. Dann sind wir längst wieder unterwegs, sehen die ersten zarten Gänse- und Schlüsselblumen blühen. Während andere im Sommer am Swimmingpool der Ferienanlage in Malle dösen, sind wir vor der brüllenden Hitze auf den Berg geflüchtet, kühlen die Füße direkt an der Quelle des kleinen Rinnsals, das aus einem Felsen tröpfchenweise auf uns herabregnet. Wenn sich andere mit dem ausklingenden Sommer nach Bella Italia verabschieden, machen wir Dolce Vita am Schauinsland und essen süße Walderdbeeren, die wir am Wegesrand finden.

Anfangs waren die Kinder noch klein, blinzelten verschlafen aus dem Tragetuch. Ein paar Jahre später wurde die Wanderung besonders intensiv mit gefühlten 20 Pausen, 15-mal "Ich kann nicht mehr". Alle zehn Meter war der Weg bespickt mit einem besonders schönen Stein, einem toten Regenwurm, einem Käfer, der toll glitzerte oder einer Ameisendemo. Das war wohl die intensivste Zeit, in der wir Erwachsene jede Wegbiegung schon mit geschlossenen Augen hätten vorhersagen können.

Im Laufe der Jahre haben wir uns die Schnelligkeit wieder zurückerobert. Doch mittlerweile streikt der Große, flüchtet fast vor unseren kleinen Fluchten.

Und trotzdem sind wir unterwegs, an Tagen wie diesem, wenn der Nebel vor sich hin wabert. Noch kommt der Kleine mit – er tut es gern, liebt die paar Stunden in einer anderen Welt, die doch ganz nah ist. "Nebel ist mein Lieblingswetter", sagt er sogar, während wir losgehen – immer wieder gerne.
von Anita Fertl
am Sa, 17. November 2018

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