Kreis Lörrach

Häg-Ehrsberg: Theater mit langen Fußwegen

Dreieinhalb Stunden wandern die Zuschauer während der Aufführung : Das "Theater in den Bergen" in Häg-Ehrsberg zeigt vom 12. September an "Robin Hut – Retter der Baumkrone".

Eins der ungewöhnlichsten Theater der Republik bereitet seine fünfte Produktion vor. Das "Theater in den Bergen" um den Autor und Regisseur Arnd Heuwinkel und die Kostümbildnerin und Schauspielerin Antonia Tittel sitzt – als Verein organisiert – am oberen Ende des Angenbachtals, einem Seitental der Wiese, in Häg-Ehrsberg auf der Höhe. Alle Aufführungen spielen draußen in der bisweilen atemberaubenden Naturkulisse rund um Ehrsberg. Den Zuschauern wird neben sehr amüsanten Spielszenen ein Naturerlebnis der besonderen Art geboten: Sie wandern dreieinhalb Stunden von Spielort zu Spielort. Keine Angst: Anstelle der Theaterpause gibt es ein außergewöhnliches Picknick zur Stärkung (alle Termine).

Dreieinhalb Stunden wird gewandert – statt Pause gibt’s ein Picknick

In diesem Jahr organisiert – in Anlehnung an den Volkshelden aus dem Mittelalter – der Wiesentäler Robin Hut einen Aufstand gegen den Fiesling König Reichhard, der mit Hilfe seines grausamen Sheriffs von Blackwood Forescht seine Untertanen mit allerlei Steuerplagen, destruktiven Geschäftsideen und brutaler Anwendung obrigkeitsstaatlicher Gewalt ausnimmt und knechtet. Was schwankaffin klingt, wird im Stück dramaturgisch auf unterhaltsame, intelligente Weise vielfach gebrochen, und bei allem Spaß wird reale gesellschaftliche Problematik nicht verniedlichend ausgespart. So wird zum Beispiel das immer weitere Auseinanderklaffen der Lebensumstände von Arm und Reich beziehungsreich dargestellt: im Kampf um die "Schere".

"Unser Anspruch ist, in unseren Inhalten regional und aktuell zu sein und dies vor allem unterhaltend und leichtfüßig, aber wir drücken uns auch nicht davor, Position zu beziehen", betont Arnd Heuwinkel. Damit knüpft das Theater in den Bergen an die besten Volkstheatertraditionen an. Mit ein Grund für den renommierten Fonds Soziokultur, die Ehrsberger schon das zweite Mal finanziell zu unterstützen. Zweifellos ein Qualitätssiegel, denn der aus Bundesmitteln gespeiste Fonds arbeitet nach strengen Kriterien. Weitere Sponsoren sind die Bürgerstiftung Wiesental, die LB-Baden-Württemberg und die Brauerei Rothaus. Trotz alledem muss der überwiegende Teil der Produktionskosten durch die Einnahmen abgedeckt werden.

54 Laiendarsteller spielen mit

Konkret grenzt die Inszenierung an die Arbeit des Sisyphos, denn diesmal sind 54 Darsteller aus Häg-Ehrsberg, alt und jung und allesamt Laien, dabei. Nicht mitgezählt dabei die vielen freiwilligen Helfer aus der Gemeinde bei der Organisation, dem Nähen der Kostüme, dem Bau der Bühnenbilder oder beim Kuchenbacken. Koordiniert wird das Ganze von einem Kernteam, dem neben Arnd Heuwinkel und Antonia Tittel der Freiburger Schauspieler Mario Brutschin angehört, der den Titelhelden verkörpert und gleichzeitig auch als Regieassistent fungiert. Ebenfalls dabei sind die Musiker Tilmann und Burkhard Finckh.

Wie schwierig das alles ist, zeigt eine Momentaufnahme bei einer Probe am Freitagabend. Auf dem Plan steht die Szene einer Auseinandersetzung zwischen Bauern und Sheriff, dessen Schergen von Kindern dargestellt werden. Am Treffpunkt, dem Platz des Finales, arbeiten noch Handwerker, die gleichzeitig mitspielen, mit Unterstützung eines Krans eifrig am Bühnenbild. Eltern liefern nach und nach ihre Kinder ab, die Erwachsenen kommen teilweise direkt von ihrem Arbeitsplatz. Antonia Tittel verteilt Kostümteile, die bereits fertig genäht sind und hilft, wenn etwas noch nicht passt, mit Sicherheitsnadeln nach. Heuwinkel bespricht mit Einzelnen Regieanweisungen, und Tilman Finckh übt noch mal auf der Gitarre. Gemeinsam geht es dann mit mehreren Autos zum Spielort der Szene auf eine Anhöhe oberhalb des Dorfes, die von einer mächtigen Linde dominiert wird.

Wortgewaltig choreografiert, dirigiert, motiviert, korrigiert, diszipliniert Heuwinkel die Massenszene, in der auch Motorfahrzeuge zum Einsatz kommen. Alles geschieht ziemlich eilig, denn die Sonne steht bedrohlich tief. Vieles klappt noch nicht – und manch einer mag sich fragen, ob bis zur Premiere alles zu schaffen sei. Trotz des Drucks und der zahlreichen Unterbrechungen merkt man bei allen Beteiligten, dass sie mit Eifer und Spaß bei der Sache sind. Die Dunkelheit setzt der Probe ein natürliches Ende.

Ein monumentales Gemeinschaftswerk, das einige vergnügliche Stunden erwarten lässt und wohl wert, den langen Anfahrtsweg in Kauf zu nehmen.
Termine

Theater in den Bergen, Ehrsberg. Termine: 12./13., 19., 26./27. September, 10./11., 17./18. Oktober. Samstags um 15 Uhr, sonntags 11 Uhr.

Karten: Regio Buch Schopfheim, Zeller Bergland Tourismus, Rathaus Häg oder unter Tel. 01522/ 3393 642.

Weitere Infos: http://www.theaterindenbergen.de
von krie
am Di, 01. September 2015 um 00:00 Uhr

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