Theater

Heike Götze inszeniert "Endstation Sehnsucht" am Theater Freiburg

Am Theater Freiburg inszeniert Heike Götze den Klassiker "Endstation Sehnsucht".

Wer denkt bei "A Streetcar named Desire" nicht an Marlon Brando? Der proletenhafte Stan Kowalski, der seiner Schwägerin Blanche das Leben zur Hölle macht, war eine der großen Rollen des amerikanischen Schauspielers. Er spielte auf der Bühne und im Film den polnischen Einwanderer, der für das – heute bedrohte – multikulturelle Amerika steht und seinen Pragmatismus brutal gegen Blanches Idealisierung der Wirklichkeit einsetzt.

Tennessee Williams erhielt für "Endstation Sehnsucht" – der Originaltitel zitiert die Endhaltestelle einer Straßenbahnlinie in New Orleans – den Pulitzerpreis, und sein Stück entwickelte sich seit 1951 zum modernen Bühnenklassiker. Ein psychologisches Kammerspiel mit den gegensätzlichen Schwestern Blanche und Stella im Mittelpunkt, den letzten Abkömmlingen eines im Niedergang begriffenen alten Südstaaten-Geldadels.

Heike Götze, die am Freiburger Theater in der vergangenen Spielzeit Sibylle Bergs Farce "Viel gut essen" mit ihrer eigenwilligen Handschrift inszeniert hat, führt Regie bei "Endstation Sehnsucht". Wie erzählt man 65 Jahre nach der Uraufführung von einem Amerika, das es so nicht mehr gibt: einem Amerika, in dem der von Landwirtschaft und Sklaverei geprägte Süden untergeht und der Norden als Industrienation aufsteigt?

Götze interessiert, wie sie im Gespräch verrät, die Herrschaft von Lüge und Gewalt in "Endstation Sehnsucht". Die Macht der Masken der Selbstdarstellung, wie sie heute auf Facebook präsent sind. Der Druck, perfekt zu sein, sich keine Schwäche zu leisten. Die Figuren des Dramas, das die in der Schweiz lebende Regisseurin zu ihren Lieblingsstücken zählt, sind darum bemüht, sich nicht in die inneren Karten schauen zu lassen, nach außen ein Bild abzugeben. Nach der Wahl des amerikanischen Präsidenten und seiner Vorliebe für alternative Fakten liegt für Götze auf der Hand: Hier steht die Generation Trump auf der Bühne.

Und die teilt sich nicht in gut und böse ein: nicht in die zarte Blanche und den rüpeligen Stanley. Das sind für Götze, die für Regie, Bühne und Kostüme verantwortlich zeigt, nur Klischees. Ihre Figuren leben aus der Spannung zwischen dem, was sie sein wollen/müssen, und ihrem Bedürfnis, von diesen Maskeraden wegzukommen. Es geht darum: Wo findet sich Menschlichkeit in der Unmenschlichkeit? An Marlon Brando wird in ihrer Inszenierung wohl nichts erinnern.

Termin: Freiburg, Theater, Kleines Haus,
Premiere:
Fr, 10. Feb., 20 Uhr
von Bettina Schulte
am Fr, 10. Februar 2017

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