Stimmen-Festival

Ivan Lins & die SWR-Big-Band im Burghof

Ivan Lins wird verehrt von Quincy Jones und George Benson, bei Stimmen setzt er seine Songs im Big-Band-Kontext um.

Ivan Lins. Es gibt Vieles, was an diesem brasilianischen Altmeister in Erstaunen versetzt. Begonnen damit, dass er gar nicht aussieht wie ein alter Meister, da er mit fast 70 immer noch einen jungenhaften Charme bewahrt hat. Dass er von allen Musikern geliebt wird für seine ebenso ergreifenden wie ausgefeilten Lieder, von Qunicy Jones bis George Benson. Dass 200 000 Fans bei Rock in Rio einfach für ihn sangen, als ihm selbst die Stimme weg blieb. Und dass er, der auf der ganzen Welt bekannt ist, ausgerechnet mit dem Freiburger Jazzprofessor Ralf Schmid ein Teamwork anfing.

Doch der Reihe nach: Geboren wurde Lins 1945 in Rio, teils wuchs er aber in Boston auf und wäre um ein Haar Volleyballer geworden. Zum Glück entschied er sich für die Musik, um genau zu sein nach kurzen Bossa-Nova-Anfängen für den Pop, der in seiner Heimat Música Popular heißt. Den allerdings füllt er mit der lyrischsten Seele, die Brasilien kennt.

Schreien vor Glück, heulen wie ein Seehund

Seit 1970 produzierte er Soloalben, schrieb Hits für sich selbst ("Abre Alas", "Começar De Novo") und Diven wie Elis Regina und Gal Costa ("Madalena", "Roda Baiana"), viele davon zusammen mit Vitor Martins. Ab den 80ern entdeckten man ihn in den Staaten: Er ging mit George Benson ins Studio, mit Quincy Jones und Lee Ritenour, während Jazzladies wie Ella Fitzgerald, Sarah Vaughan und Carmen McRae seine Songs aufgriffen. "Ein britischer Journalist konfrontierte mich eines Tages mit der Theorie, dass man mich in den USA so mag, weil ich als Kind die Walt-Disney-Filmmusik gehört habe und diese Einflüsse in meine Musik einsickerten", analysiert er im BZ-Interview. "Außerdem mag ich die raffinierten Harmonien vom Orchesterarrangeur Henry Mancini." Man entschlüsselt den Zauber der Lins-Songs tatsächlich in den abenteuerlichen Harmonieprogressionen: Die sind von so delikater Emotionalität, dass man beim Hören abwechselnd schreien möchte vor Glück und heulen wie ein Seehund. Und zugleich können sie immer mal wieder in hymnische Sambas explodieren.

Einer seiner Fans im Dreiland war seit seiner Kindheit Ralf Schmid, als Professor an der Freiburger Musikhochschule tätig, zugleich Arrangeur und Leader der SWR-Big-Band. Der 45-jährige mit Brasilienfaible hatte schon zuvor mit einem Star aus Rio gearbeitet, der Sängerin Paula Morelenbaum, die noch in Antônio Carlos Jobims letzter Band zum Aufgebot gehört hatte. Von den Aufnahmen mit Morelenbaum und der SWR-Big-Band zeigte sich Lins begeistert, immerhin hatte Schmid auch seine Schlüsselkomposition "Setembro" veredelt. Nach einem Treffen stimmte er einer Zusammenarbeit zu. "Ich liebe Bigbands", bekräftigt Lins. "Ralf und die SWR-Big-Band arbeiten mit ganz ähnlichen Texturen wie Mancini. Ich mag das, wenn man die Persönlichkeit des Arrangeurs spürt, das war meiner Meinung nach auch schon bei Kurt Edelhagen so, scheint also eine Tradition der SWR-Leute zu sein."

"Cornucopia", Füllhorn, heißt das Ergebnis, das sie gemeinsam in mehreren Schritten als CD und für ganz wenige ausgewählte Live-Shows realisierten "Alle lagen Ivan zu Füßen, es wurde ein richtiger Flug mit ihm und der Band", erinnert sich Schmid, für den damit Lins ein Traum in Erfüllung gegangen war. "Der Mann hat eine so überbordende Lebensenergie, und die drückt sich in dieser hohen, ganz unverwechselbaren Stimme aus." Brasilianische Lebensfreude und Präzision made in Germany vereinigt zu einem musikalischen Glücksfall.
– Eröffnungskonzert, Do, 2. Juli, 20.30 Uhr, Burghof Lörrach
von Stefan Franzen
am Sa, 13. Juni 2015

Badens beste Erlebnisse