Ticket-Interview

Jonah Hill über "War Dogs", seine Liebe zu Amerika und Waffenfetischismus

TICKET-INTERVIEW: Jonah Hill über seine Liebe zu Amerika, Hollywood und Waffenfetischismus.

Als Teenager war er der lustige Dicke, der in Komödien wie "Superbad" und "S.H.I.T. – Die Highschool GmbH" für Lacher sorgte. Mittlerweile ist Jonah Hill ein erwachsener Mann, der auch in ernsteren Rollen zu überzeugen weiß. Nach "Moneyball" und "The Wolf of Wall Street" nun auch in "War Dogs" als durchtriebener Waffenhändler, der sich auf ein gefährliches Spiel einlässt. Der Film basiert auf einer wahren Geschichte. Markus Tschiedert traf den 33-jährigen Hill in London.

Ticket: Ursprünglich wollten Sie den Waffenhändler Efraim Diveroli gar nicht spielen, weil er zu viele Ähnlichkeiten mit Ihrer Rolle in "Wolf of Wall Street" hatte...
Hill: Regisseur Todd Phillips war dann aber sehr bemüht, Unterschiede auszuarbeiten, und sah sich auch andere Schauspieler an, bis er wieder auf mich zurückkam. Schließlich dachte ich, wenn ich mir "War Dogs" mit anderer Besetzung im Kino ansehen müsste, würde ich ziemlich neidisch werden. Also nahm ich die Rolle an.
Ticket: Trotz der Ähnlichkeiten zu Ihrer Rolle eines skrupellosen Börsenmaklers in "Wolf of Wall Street"?
Hill: Ich finde nicht, dass sich die beiden Rollen so sehr ähneln. Diese Filme handeln beide von Menschen, die von Gier getrieben werden und den amerikanischen Traum manipulieren wollen. Aber das konnte ich verschmerzen, denn es ist nun mal ein faszinierendes Thema, wenn es um Moral geht. Jeder hat eine andere Vorstellung davon und entscheidet, wo er seine moralischen Grenzen setzt.
Ticket: Der Film vermittelt auch die amerikanische Faszination für Waffen, was für die meisten Europäer nur schwer nachvollziehbar ist...
Hill: Ich fühle mich nicht wohl mit einer Waffe in meinem Haus, weil ich so auch nicht groß geworden bin. Aber ich habe Freunde, die dazu stehen, und ich finde es immer sehr befremdlich, mit ihnen darüber zu diskutieren. Viele glauben, sie müssten ihre Familie und ihr Zuhause verteidigen können. Ich sehe das ganz anders, vielleicht weil in New York und Los Angeles die Waffenvernarrtheit nicht so groß ist wie im restlichen Teil der USA.
Ticket: Wie gehen Sie als Amerikaner damit um?
Hill: Sehen Sie, ich bin schon sehr gern Amerikaner und liebe es, in den USA zu leben. Nichtsdestotrotz will ich ehrlich sein und die Dinge so sehen, wie sie sind, also die Werte und die Fehler in den USA. Ich finde, das sollte für alle Gesellschaften gelten – und es sollten Filme gedreht, Bücher geschrieben und Kunstwerke gemacht werden, die die Diskussion über das Für und Wider einer Gesellschaft anheizen.
Ticket: "War Dogs" handelt von illegalem Waffenhandel und beruht auf einer wahren Geschichte. Kannten Sie die schon vor dem Film?
Hill: Ich hatte mal darüber gelesen und dachte, das kann nicht wahr sein. Allerdings wusste ich auch nichts über Kriege und die Geschäfte damit. Das war alles ziemlich schockierend, als ich mich damit für den Film näher beschäftigte. Ich finde, Todd Phillips hat die Fakten gut herausgearbeitet, und es wird nie langweilig, sondern bleibt stets spannend.
Ticket: Wie fühlten Sie sich dabei, einen waffenvernarrten jungen Mann zu spielen, der seine Seele quasi an den Teufel verkauft?
Hill: Ehrlich gesagt, nicht gut, weil ich die ganze Zeit dachte, so was macht man nicht. Es macht mir mehr Spaß, nun über den Film zu reden, als ihn zu machen, denn ich fühlte mich oft sehr mies, jemanden zu spielen, der die Leute so schlecht behandelt. Am Set sagte ich mir oft, es muss jetzt so sein. Für den Film war das richtig, aber zu Hause plagten mich Gewissensbisse.
Ticket: Viele US-Schauspieler beklagen, dass in Hollywood nur noch Blockbuster entstehen. Und Sie?
Hill: Ich finde es beängstigend, dass in diesem Sommer fast nur Sequels oder Superheldenfilme angelaufen sind. Da hat ein Film wie "War Dogs" kaum noch eine Chance, obwohl es ein wichtiger Film ist, den sich viele ansehen sollten. Wir brauchen wieder mehr Filme mit wahren Inhalten und Figuren. Das wäre für die ganze Branche besser!


















von tsc
am Fr, 30. September 2016

Info

WAR DOGS

Regie: Todd Phillips.
Mit Jonah Hill, Miles Teller, Bradley Cooper, Ana de Armas und anderen.
114 Minuten, frei ab 12 Jahren

Die Story
David Packouz (Miles Teller) braucht dringend Geld, als seine Freundin schwanger wird. Da bietet ihm sein Kumpel Efraim Diveroli (Jonah Hill) an, ins Waffengeschäft einzusteigen. Sie beliefern US-Truppen mit illegal beschafften Waffen. Dieser Schuss geht schon bald nach hinten los...  

Autor: bz

Badens beste Erlebnisse