Bühne

Karin Henkel inszeniert Anton Tschechows "Onkel Wanja" in Zürich

Karin Henkel inszeniert Anton Tschechows "Onkel Wanja" im Zürcher Pfauen.

Der Untertitel "Bilder aus dem Landleben" gibt bereits Aufschluss über den Ort des Geschehens. In vier Akten überschlagen sich die Ereignisse auf dem Landgut der verstorbenen Frau des Professors Serebrjakow. Karin Henkel inszeniert die 1899 im Moskauer Künstlertheater uraufgeführte Komödie von Anton Tschechow jetzt am Schauspielhaus Zürich.

Auf dem Gut leben und arbeiten Onkel Wanja (Siggi Schwientek), Bruder der Verstorbenen, mit seiner Nichte Sonja (Carolin Conrad). Das öde Landleben wird durch die Ankunft des Professors im Ruhestand (Gottfried Breitfuss) mit seiner jungen zweiten Gattin Jelena (Lena Schwarz) aufgemischt. Sie sind aus finanziellen Gründen gezwungen, von der teuren Stadt in die Einöde zu ziehen. Die Städter nisten sich schmarotzerhaft auf dem Hof ein. Bereits in der Vergangenheit haben sie vom Fleiß des Onkels profitiert. Durch Lektorieren und finanzielle Unterstützung half er das kostspielige Leben des Professors in der Stadt zu unterhalten und den Hof vor dem Ruin zu bewahren.

Alle Charaktere versinken durch die Ankunft der beiden in Tatenlosigkeit und vernachlässigen ihre tägliche Arbeit. Der überarbeitete Landarzt Astrow (Markus Scheumann), ein Freund Wanjas, ist dem Alkohol verfallen und kommt seiner Aufgabe zu heilen kaum noch nach. Stattdessen philosophiert er über den Stumpfsinn des Lebens. Er bemerkt nicht, dass Sonja für ihn schwärmt, sondern tut es Onkel Wanja gleich: verliebt sich unglücklich in Jelena. Die Schwermut reicht so weit, dass Onkel Wanja Suizidgedanken hegt: "Bei diesem Wetter wäre es schön, sich aufzuhängen".

Die Situation eskaliert, als der Professor verkündet, das Landgut zum Verkauf anzubieten. All das, wofür Wanja und Sonja hart gearbeitet haben, scheint in Gefahr. Sie klagen über die vergebens investierte Zeit. Wanja gibt dem Professor die Schuld an seinem verkorksten Leben. Aus Wut versucht er Serebrjakow zu erschießen – ohne Erfolg. Danach beschließen die Landgäste, nach Charkow abzureisen. Zum Abschied rät ausgerechnet der Professor, sich nicht auf Worte, sondern auf Taten zu konzentrieren.

Die Regisseurin kennt sich aus bei Tschechow

Ein zynischer Rat: Das Landleben bleibt geprägt von Depressionen und Trägheit, Einsamkeit und Mutlosigkeit. Die letzte Hoffnung auf Veränderung ist mit dem missglückten Mordversuch gestorben. Wanja bleibt in sinnentleerter Abhängigkeit zurück.

Die mehrfach zum Berliner Theatertreffen eingeladene Regisseurin Karin Henkel kann als Tschechow-Spezialistin gelten. Sie inszenierte bereits "Platonow", "Der Kirschgarten" und "Drei Schwestern". Am Schauspielhaus Zürich setzte sich die 1970 geborene Kölnerin, die in diesem Jahr erstmals bei den Salzburger Festspielen inszeniert, zuletzt mit Kleists "Amphitryon" und dem "Elektra"-Stoff auseinander. In der Reihe "Theater im Gespräch" stellt sich Henkel, die für innovatives Schauspielertheater steht und bisher fast ausschließlich Dramen inszeniert hat, am 31. Januar um 19 Uhr den Fragen der Zuschauer.

Termine: Zürich, "Onkel Wanja", Schauspielhaus (Pfauen), Premiere: Sa, 14. Jan.,
20 Uhr
von Ines Tondar
am Fr, 13. Januar 2017

Badens beste Erlebnisse