Kunst

Künstlerische Erzählungen des Unbewussten im Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen

Künstlerische Erzählungen des Unbewussten im Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen.

Es müssen Scharen von Dämonen gewesen sein, die den österreichischen Künstler Alfred Kubin (1877–1959) mit gerade mal 30 an den Schreibtisch prügelten und all die bösen Träume diktierten, die er acht Wochen später – wie im Rausch niedergeschrieben – in Form eines Manuskripts beim Verlag abgab.

"Die andere Seite" hieß der Roman, der 1909 erschien. Er erzählte die Geschichte eines Künstlerpaares auf Besuch in der Traumstadt Perle, wo die Menschen ohne Regeln und ganz nach ihrem Gusto leben durften – allerdings unter Ausschluss des Sonnenlichts und der als schädlich empfundenen Fortschrittsversprechen der Moderne. Derart zum Stillstand in der Finsternis verdammt, wurden die Besucher bald Zeugen einer sich in absoluter Leere und endloser Langeweile verschlingenden Gegenwart, die zielsicher in der Katastrophe mündete. "Die andere Seite", ein Klassiker der Phantastischen Literatur und Inspiration für Schriftsteller von Gustav Meyrinck ("Der Golem") bis Kafka, blieb Kubins einziger Roman. Zum seinem durchschlagenden Erfolg trugen nicht zuletzt die düster-surrealen Illustrationen bei, mit denen der Autor Einblick gab in bizarre Vorstellungswelten und sein Faible für die Abgründe des Unbewussten.

Im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen bilden die rund 50 Blätter nun den Ausgangspunkt einer schaurig-schönen Gruppenschau über das erzählerische Potenzial von Albtraum, Wahnsinn und Halluzination in der Gegenwartskunst. Zu sehen sind unter anderem Hans Op de Beecks atemberaubende Inszenierungen innerer Orte im realen Ausstellungsraum, eine magische Kinoskulptur von Thomas Feuerstein, Martin Schinwalds beklemmende Malerei-Erkundungen der Verdrängung oder die scheinbar lebendigen Architektur- und Astgeflechte des Brasilianers Henrique Oliveira.

Termine: Ludwigshafen, Wilhelm-Hack-Museum, Berliner Str. 23. 25. Mai bis 13. Aug., Di, Mi, Fr 11–18 Uhr, Do 10–20 Uhr, Sa, So 10–18 Uhr. Vernissage: 24. Mai, 18 Uhr
von Dietrich Roeschmann
am Fr, 19. Mai 2017

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