Ticket-Interview
Kurt Russell über "Deepwater Horizon", das Filmgeschäft, Drehbücher und wilde Zeiten
Hollywoodlegende Kurt Russell (65) stand schon als kleiner Junge vor der Kamera und spielte als Teenager in Disney-Filmen wie "Superhirn in Tennisschuhen" und "Der Retorten-Goliath". Seinen Durchbruch feierte der US-Star aber erst 1981 mit dem düsteren Zukunftsfilm "Die Klapperschlange". Es folgten Hits wie "Big Trouble in Little China", "Tombstone" und "Stargate". Nach "Death Proof" holte ihn Kultregisseur Quentin Tarantino ein weiteres Mal für "The Hateful 8" vor die Kamera. Nun ist Russell im Katastrophenfilm "Deepwater Horizon" zu erleben, in dem jene Ereignisse geschildert werden, die 2010 zur schlimmsten Ölpest im Golf von Mexiko führten. Markus Tschiedert sprach mit Kurt Russell.
Kurt Russell: Die Vorstellung, ein Pirat zu sein, hat für mich etwas von Freiheit, was ich großartig finde. Ich habe einen Sinn für romantische Abenteuer. Man befindet sich auf hoher See, und der Kapitän sagt, es geht in diese Richtung, und man findet keinen Grund, das anzuzweifeln. Man hat eine wilde Zeit zusammen, die einfach Spaß macht.
Ticket: Nun war das Unglück vom 20. April 2010 auf der Ölplattform "Deepwater Horizon" jedoch alles andere als romantisch...
Russell: Das war ein Ereignis, das uns Amerikaner damals sehr mitgenommen hat, doch welche Auswüchse das hatte, ist mir erst jetzt durch den Film so richtig klar geworden. Es ist eine wahnsinnig spannende Geschichte, die einen zutiefst aufrüttelt.
Ticket: Sie spielen Jimmy Harrell, den damaligen Cheftechniker. Haben Sie den echten Mister Jimmy, wie er genannt wurde, getroffen?
Russell: Ich wollte das zwar gern, aber es kam irgendwie nicht zustande. Aber es gibt viel Material über ihn, das ich mir ansah, und ich denke, dass auch die Drehbuchautoren darauf geachtet haben, ihn richtig zu porträtieren. Ich kann jetzt nur hoffen, dass es ihm gefällt, wie ich ihn gespielt habe.
Ticket: Hatten Sie mit Regisseur Peter Berg so viel Spaß wie mit Quentin Tarantino in "The Hateful 8" oder mit John Carpenter, der Sie als Snake Plissken in "Die Klapperschlange" berühmt machte?
Russell: Ich hatte das Glück, mit tollen Regisseuren zu arbeiten. Mit John Carpenter drehte ich fünf Filme, was schon sehr besonders ist. Ron Howard, Ron Shelton, Mike Nichols, Robert Zemeckis, Peter Berg... ich könnte noch sieben, acht andere Namen großartiger Regisseure aufzählen. Tarantino ist ebenfalls jemand, der seine Arbeit leidenschaftlich liebt. Das sind alles Typen, weshalb man den Zirkus gern mitmachen will, weil am Ende gute Filme herauskommen.
Ticket: Sie sind seit mehr als 50 Jahren im Filmgeschäft. Hat sich viel verändert?
Russell: Ehrlich gesagt ging es früher sehr viel geräuschvoller zu. Heute ist es fast still, weil mit Kopfhörern und Headsets gearbeitet wird und keiner mehr herumbrüllt. Hinzu kommt, dass man einen Wohnwagen hat, in dem man sich umzieht und in Drehpausen auch aufhalten kann. Viele verschwinden darin, was ich schade finde. Früher zog man sich in einer Box um und war mit den anderen permanent am Set. Das stärkte das Zusammengehörigkeitsgefühl, das ich heutzutage nicht mehr so oft spüre.
Ticket: Ist das der Grund, weshalb Sie sich in den letzten Jahren schon fast zurückgezogen haben?
Russell: An Drehbüchern habe ich lange Zeit nichts mehr gelesen, was mich wirklich interessiert hat. Davon abgesehen: Ich drehe schon gern Filme, aber ich kriege auch schnell einen Burn-out, wenn mir alles zu viel wird.
Ticket: Dafür schlagen Sie jetzt aber wieder ganz schön oft zu...
Russell: Seit "Fast & Furious" ging es Schlag auf Schlag. Vom Drehbuch des Westerns "Bone Tomahawk" war ich absolut überzeugt, mit Quentin zu arbeiten ist sowieso dankbar, und nun steht der zweite Teil von "Guardians of the Galaxy" an. In meinem Beruf weiß man nie, was kommen wird. Man muss dann einfach nur Ja oder Nein sagen.
von tsc
Info
Regie: Peter Berg
Mit Mark Wahlberg, Kurt Russell, Kate Hudson, John Malkovich u. a.
108 Minuten, frei ab 12 Jahren
Die Story
Die Produktion auf der Ölplattform "Deepwater Horizon" soll auf 100 Millionen Barrel Öl gesteigert werden. Die Techniker Mike Williams (Wahlberg) und Jimmy Harrell (Russell) warnen vor einem erhöhten Druck aufs Bohrloch. Der Konzern ignoriert das, und es kommt zur Katastrophe.
Autor: bz