Ticket-Interview

Lambert Wilson über seiner Rolle als Jacques-Yves Cousteau, Väter und Haie

TICKET-INTERVIEW: Lambert Wilson über seiner Rolle als Jacques-Yves Cousteau, Väter und Haie.

In den 70er Jahren saß die ganze Familie vorm Fernseher, um ein Abenteuer des französischen Meeresforschers Jacques-Yves Cousteau (1910–1997) auf den Weltmeeren zu erleben. Höchste Zeit, diesen Mann mit einem cineastischen Denkmal zu würdigen. Dabei zeichnet "Jacques – Entdecker der Ozeane" kein schlichtes Heldenbild, sondern blickt auch hinter die Kulissen des einstigen Seefahrers. Markus Tschiedert traf den Hauptdarsteller Lambert Wilson (58) in Paris.

Ticket: Herr Wilson, konnten Sie zwischen sich und Jacques Cousteau Parallelen entdecken?
Lambert Wilson: Wir haben mehr Unterschiede, aber was uns verbindet, ist der Wunsch, den auch Schauspieler kennen: andere für sich vereinnahmen zu wollen. Als ich mich mit seinen einstigen Wegbegleitern traf, wurde mir einhellig gesagt, um als Cousteau glaubwürdig zu sein, müsste ich es schaffen, allein mit meinen Augen andere dazu zu bringen, mir folgen zu wollen, egal wohin. Ich weiß nicht, ob mir das gelungen ist, aber die Lust am Verführen ist einem Schauspieler nicht fremd.
Ticket: Der Film zeigt auch Cousteaus Schattenseiten...
Wilson: Er war nicht besonders groß darin, Konfrontationen auszutragen. Wenn er mit jemand nicht zufrieden war und ihn loswerden wollte, überließ er das lieber seiner Frau. Er war ein harmoniebedürftiger Mensch, der von seiner Neugierde angetrieben wurde, weshalb er sich mit vielen Dingen beschäftigte.
Ticket: Er scheint aber jemand zu sein, den Sie bewundern...
Wilson: Absolut! In meiner Kindheit war er sehr präsent – wie der perfekte Großvater, mit dem man seine Zeit verbringen möchte, um seine Geschichten zu hören. Damals gab es in Frankreich nur zwei Fernsehsender, und es hatte schon beinahe etwas Religiöses, sich gemeinsam mit der Familie ein neues Abenteuer anzusehen. Er strahlte immer etwas Positives aus, denn er lächelte meistens vermittelte das Gefühl einer großartigen Zeit an Bord der Calypso.
Ticket: Wie sehen Sie Cousteaus Verhältnis zu seinen zwei Söhnen?
Wilson: Interessanterweise bin ich ähnlich aufgewachsen wie seine Söhne, denn mein Vater war als Schauspieler und Regisseur in Frankreich berühmt, und auch ich habe einen Bruder mit dem gleichen Altersunterschied. Wir sind also alle mit Vätern groß geworden, die einem einerseits eine positive Sicht auf eine freie Welt vermittelten, andererseits aber so obsessiv bei ihrer Sache waren, dass sie keine Zeit für die Kinder hatten. Das überließen sie ihren Frauen, die wiederum die ganze Zeit damit beschäftigt waren, von ihren Männern nicht mit anderen Frauen betrogen zu werden.
Ticket: Dennoch sind auch Sie in seine Fußstapfen getreten...
Wilson: Auch wir wurden vom gleichen Virus befallen wie der Vater. Die Bühne, das Kino, die Poesie – dafür habe ich früh eine Liebe entwickelt. Das führt jedoch auch zum Kampf mit dem Vater. Man möchte ihm gefallen, aber auch besser sein als er, damit er dich noch mehr liebt. Was aber eher dazu führt, dass er dich hasst, weil er dich als Konkurrenten wahrnimmt. Deshalb lag mir dieser Film auch so am Herzen. Für mich geht es hier mehr um das Vater-Sohn-Verhältnis als um Cousteau selbst.
Ticket: Wie gefährlich waren für Sie die Unterwasserszenen?
Wilson: Da ich vorher noch nie tauchen war, gab es einige recht heikle Situationen. Einmal drehte ein riesiger Wal knapp 10 Meter unter uns seine Runden. Wir hatten auch Begegnungen mit großen weißen Haien, die man nicht gleich sehen kann. An der Wasseroberfläche haben wir Menschen eine ähnliche Silhouette wie Seehunde, die von Haien ja gern gegessen werden. Die Haie sind unter dir, und du musst an der Oberfläche mit einer Kälte von neun Grad und deinem Make-up klarkommen. Da befand ich mich schon einer schaurigen Situation – und irritierte damit auch den Regisseur, der dachte, ich würde mich wie eine Primadonna verhalten, weil ich mich doch etwas überfordert fühlte.
von tsc
am Fr, 09. Dezember 2016

Info

JACQUES – ENTDECKER DER OZEANE

Regie: Jérôme Salle
Mit Lambert Wilson, Audrey Tautou, Pierre Niney, Laurent Lucas u. a.
123 Minuten, frei ab sechs Jahren

Die Story
Jacques Cousteau (Wilson) und seine Frau Simone (Tautou) kaufen ein altes Schiff, taufen es Calypso und begeben sich auf viele Expeditionen. Doch der Ruhm steigt Jacques bald zu Kopf, weshalb er Frau und Söhne immer mehr vernachlässigt...





 

Autor: bz

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