Maler von fremden Gnaden?
Im Freiburger Museum für Neue Kunst ist zur Zeit eine sehr interessante Ausstellung zu sehen – auch, weil sie die Frage nach dem Verhältnis von Lehrer und Schüler aufwirft. Der in Rümmingen bei Lörrach geborene Maler und Bildhauer Hermann Scherer verbrachte zwischen 1922 und 1926 mehrfach Arbeitsaufenthalte bei Ernst Ludwig Kirchner in Davos. Der Meister, dem die Produktivität des jungen Kollegen womöglich unheimlich wurde, war selbst nicht unschuldig daran, dass man dem Werk des mit nur 34 Jahren 1927 in Basel gestorbenen Künstlers die Eigenständigkeit absprach.
In der Schau kann man sich selbst ein Bild machen – oder auch im eben erschienenen ausgezeichneten Katalog, der die Frage im ersten Beitrag von Kuratorin Isabel Herda und Museumsleiterin Christine Litz grundsätzlich angeht. Kirchner, so ist dort zu lesen, stellte um seiner eigenen Rezeption willen "das Lehrer-Schüler-Verhältnis unmissverständlich dar". Und den Autorinnen ist zuzustimmen, wenn sie dem mit dem Kunstbetrieb unerfahrenen jungen Scherer strategisches Denken absprechen. Der Aufsatz lädt dazu ein, die Kategorie "Lehrer-Schüler-Verhältnis" zu überdenken. Und den Besucher der Ausstellung – dem die Ähnlichkeiten von Motiven und Malweise natürlich ins Auge fallen – genauer hinzuschauen: das Rohe, Unfertige, Explosive der Werke Scherers als eigenständige Qualität wahrzunehmen – zumal bei den bildhauerischen Arbeiten, die im Werk des gelernten Steinmetzes einen größeren Raum einnehmen als im Schaffen Kirchners.
Weitere Beiträge widmen sich den Selbstbildnissen (Volker Bauermeister), dem Einfluss der Dostojewskij-Lektüre (Monika Charkowska) und dem politisch linken Umfeld von Hermann Scherer (Margitta Brinkmann). Auf den eigentlichen Katalogteil folgt eine umfangreiche Biographie (Martin Schwander). Mehr kann man von einem solchen – auch grafisch sehr ansprechend gestalteten – Buch nicht verlangen. Es regt darüber hinaus an, die noch bis 15. März dauernde Ausstellung zu besuchen.
In der Schau kann man sich selbst ein Bild machen – oder auch im eben erschienenen ausgezeichneten Katalog, der die Frage im ersten Beitrag von Kuratorin Isabel Herda und Museumsleiterin Christine Litz grundsätzlich angeht. Kirchner, so ist dort zu lesen, stellte um seiner eigenen Rezeption willen "das Lehrer-Schüler-Verhältnis unmissverständlich dar". Und den Autorinnen ist zuzustimmen, wenn sie dem mit dem Kunstbetrieb unerfahrenen jungen Scherer strategisches Denken absprechen. Der Aufsatz lädt dazu ein, die Kategorie "Lehrer-Schüler-Verhältnis" zu überdenken. Und den Besucher der Ausstellung – dem die Ähnlichkeiten von Motiven und Malweise natürlich ins Auge fallen – genauer hinzuschauen: das Rohe, Unfertige, Explosive der Werke Scherers als eigenständige Qualität wahrzunehmen – zumal bei den bildhauerischen Arbeiten, die im Werk des gelernten Steinmetzes einen größeren Raum einnehmen als im Schaffen Kirchners.
Weitere Beiträge widmen sich den Selbstbildnissen (Volker Bauermeister), dem Einfluss der Dostojewskij-Lektüre (Monika Charkowska) und dem politisch linken Umfeld von Hermann Scherer (Margitta Brinkmann). Auf den eigentlichen Katalogteil folgt eine umfangreiche Biographie (Martin Schwander). Mehr kann man von einem solchen – auch grafisch sehr ansprechend gestalteten – Buch nicht verlangen. Es regt darüber hinaus an, die noch bis 15. März dauernde Ausstellung zu besuchen.
Expressionist Scherer. Hg. von Isabel Herda und Christine Litz. Sandstein Verlag, Dresden 2020. 159 Seiten, 29,80 Euro.
von Bettina Schulte
am
Sa, 01. Februar 2020