Malerische Suche nach dem Süden

Kunstverein Kirchzarten zeigt in Alter Evangelischer Kirche Arbeiten von Nicole Bold.

. "Jeder möchte seinen Süden" – so heißt die aktuelle Ausstellung in der Alten Evangelischen Kirche beim Kunstverein Kirchzarten mit Bildern der am Bodensee geborenen und aufgewachsenen Malerin Nicole Bold. Sie betreibt ihr Atelier in Mittelbiberach und lebt und arbeitet derzeit mit einem Stipendium der Bartels-Fondation in Basel.

Titelgebend ist der Hauptblickfang, ein in der Apsis des ehemaligen Kirchenraums hängendes Bild. Es dominieren in Acryl und Öl gemalte, eher zarte Lichtstimmungen in mit dem Frühling assoziierten Farben. Gleichwohl versuchen amöbengleiche schwarze Gebilde, sich krakenartig in den Vordergrund zu drängen, und man hat das Gefühl, dass dieser Kampf in vollem Gange und keineswegs entschieden ist. Diese präsente, lebendige Prozesshaftigkeit scheint bei Nicole Bold programmatischen Charakter zu besitzen, denn sie zeichnet alle gezeigten Bilder aus. Obwohl durchgängig abstrakt, sind Bezüge zu in der Natur vorkommenden Formen deutlich erkennbar und elementar. Eindeutig steht die Suche nach dem Leichten, Lichten, dem Süden als fluchtpunktartiger Metapher im Vordergrund.

Selbst in dem einzigen in dunklen Farben und kräftigen Rottönen gehaltenen Bild mit dem Titel "Nachtschwärmerei" scheint sozusagen das Licht am Ende des Tunnels durch. Diese Sehnsucht erfüllt sich aber nicht ohne Widerstreit, sie muss sich stets durchsetzen und diese Dialektik spiegelt sich in ihrer Malweise. Viele Farbschichten liegen übereinander und verraten einen Malprozess, der die endgültige Erscheinungsform aus sich heraus in der Auseinandersetzung entwickelt und offen ist für die spontane Umsetzung augenblicklicher Erinnerungen oder Reflexionen.

Glasbilder hängen auf der Empore

Dies gilt anders, aber prinzipiell ebenso für Nicole Bolds Glasbilder, die auf der Empore hängen. Das Überlagern von mehreren, jeweils unterschiedlich mit Tusche, Lack oder Ölfarben gestalteten Glasscheiben, versetzt das Ringen um den metaphorischen Süden in die Dreidimensionalität und macht es dadurch noch offensichtlicher. Und da jeder ja tatsächlich seinen eigenen Süden sucht, kann der Betrachter in dieser Kirchzartener Ausstellung jede Menge Anregungen dafür finden.

Die Ausstellung ist bis Sonntag, 19. Juli, in der Alten Evangelischen Kirche, Burger Straße 8 freitags, samstags und Sonntags von 17 bis 19 Uhr zu sehen.
von Erich Krieger
am Sa, 27. Juni 2020

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