"Man muss sich selbst vergeben"

TICKET-INTERVIEW: Die Schauspieler Robert De Niro und Anne Hathaway zum Film "Man lernt nie aus".

Er gehört zu den besten Schauspielern des amerikanischen Kinos, sie ist erst seit 15 Jahren im Filmgeschäft und fast ebenso ein Star. Nun standen Robert De Niro (72) und Anne Hathaway (32) erstmals gemeinsam vor der Kamera. In "Man lernt nie aus" ist er als alternder Praktikant ihr als Chefin einer Modefirma untergeben. De Niro ist zweifacher Oscar-Preisträger, Hathaway bekam die Trophäe fürs Musical "Les Misérables". Markus Tschiedert traf das Paar zum Interview in New York.

Ticket: Wer von Ihnen beiden war tatsächlich Chef am Set?
Robert De Niro: Natürlich Anne (lacht)!
Anne Hathaway: Nein, das Sagen hatte natürlich unsere Regisseurin.
RDN: Stimmt, Nancy hat uns angetrieben.
Ticket: Und wie kamen Sie beide miteinander zurecht?
AH: Ach, es war ganz okay mit Bob! Es war sogar überwältigend, weil ich ihn als Schauspieler schon immer sehr geschätzt habe. Man trifft ja oft Leute, die man bewunderte, die aber dann ganz anders sind, als man erwartet hatte. Bei Bob war das nicht so. Er ist ein ganz wunderbarer Mensch, bescheiden, herzlich und sehr professionell.
RDN: Wir hatten eine großartige Zeit miteinander, obwohl sie so viel jünger ist als ich. Anne steht quasi noch am Anfang ihrer Karriere und hat sicher mehr von mir als ich von ihr gesehen. Aber sie kann etwas, was ich nicht kann: nämlich singen und tanzen. Das hatte mich wirklich beeindruckt, als ich sie so auf der Leinwand erlebte.
Ticket: Wie sehr konnten Sie sich mit Ihren Filmrollen identifizieren?
RDN: Die Story bietet einiges, was mich betrifft. Ich bin etwa im gleichen Alter wie meine Filmfigur und konnte daher gut nachvollziehen, wie es sich anfühlt, älter zu sein. Unsere Regisseurin ist nur einige Jahre jünger als ich und konnte das sicher auch gut nachvollziehen, als sie das Drehbuch schrieb.
AH: Ich konnte mich ebenso gut mit einer jungen Frau identifizieren, die sich in einer verantwortungsvollen Position befindet, in der sie auch etliche Fehler macht. Das ist wirklich etwas, was man als junger Mensch lernen muss. Man macht Fehler, und zwar viel mehr als ein Älterer, und man muss lernen, sich das einzugestehen und sich selbst zu vergeben.
Ticket: Welche Fehler haben denn Sie in Ihrer Jugend so begangen?
RDN: Hab ich gesagt, dass ich Fehler gemacht habe (lacht)?
AH: Bestimmt, aber mache dir keine Sorgen, du bist nicht gemeint (lacht). Ich habe jede Menge Fehler gemacht. Ich musste lernen, Leute, mit denen man arbeitet, nicht als selbstverständlich hinzunehmen, sondern sie zu schätzen. Jeden Tag lernt man Schritt für Schritt dazu. Der Fehler, den meine Figur Jules begeht, beeinflusst ihr ganzes Geschäft. Jeder in ihrer Firma weiß es, und obwohl Jules die Chefin ist, muss auch sie daran wachsen.
Ticket: "Man lernt nie aus" beschreibt einen Generationskonflikt. Inwieweit lässt sich der Konflikt auf Hollywood zwischen reiferen Stars und Newcomern übertragen?
AH: Es geht dabei gar nicht so sehr um Hollywood – die ganze Welt hat sich verändert. So etwas wie eine Privatsphäre gibt es heute nicht mehr. Eine Privatperson wird weder verstanden noch respektiert. Bob ist eine Filmlegende, die jeder kennt, weshalb er nichts zu verlieren hat. Aber wenn du anfängst, musst du aus Karrieregründen überall zeigen, dass du komisch bist oder fotogen. Du willst, dass dich die Leute kennen – das kann auf Kosten deiner Privatsphäre gehen.
Ticket: Sie haben beide mit ernsthaften Rollen Oscars gewonnen. Wie angemessen ist es, sich dann wieder einer Komödie wie "Man lernt nie aus" hinzugeben?
AH: Sollte man das lieber nicht tun? Ein Oscar ist doch nur ein Indiz dafür, dass ich mal eine Rolle gespielt habe, die man für preiswürdig hielt. Mein Ziel ist es, stets das Beste zu geben und nach den besten Stoffen zu suchen, die verfügbar sind.
RDN: Man muss die Rollen so nehmen, wie sie kommen. Dieser Ben, den ich in "Man lernt nie aus" spiele, ist ein ganz normaler, unauffälliger Durchschnittstyp. So wollte ich ihn auch darstellen, alles andere hätte sich für mich falsch angefühlt. Dass ich heute mehr Komödien als früher drehe, fällt mir selbst gar nicht so auf und ist auch nicht beabsichtigt gewesen. Ich würde sagen, es ist einfach so passiert.
von tsc
am Mi, 23. September 2015

MAN LERNT NIE AUS

Regie: Nancy Myers
Mit Robert De Niro, Anne Hathaway, Rene Russo, Nat Wolff, Adam DeVine und anderen
122 Min., ohne Altersbeschränkung
Die Story
Trotz seiner 70 Jahre will Rentner Ben Whittaker (Robert De Niro) nicht zum alten Eisen gehören. Da entdeckt er eine Anzeige für ein Sozialprojekt. Älteren Leuten wird nochmals die Chance auf ein Praktikum gegeben. Genau das Richtige für Ben, der bei einem Modelabel landet. Leider ist Chefin Jules Ostin (Anne Hathaway) nur wenig überzeugt von Ben. Aber das ändert sich bald...  

Autor: bz

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