Pop

Nils Frahm stellt sein neues Album "All Melody" in der Laiterie in Straßburg vor

Nils Frahm stellt sein neues Album "All Melody" in der Laiterie in Straßburg vor.

Nils Frahm ist so etwas wie Deutschlands heimlichster Weltstar. Geschafft hat er das mit Musik, die weder Rock ist noch Pop, weder breitbeiniger HipHop noch modischer R&B. Frahm hat sich in einer kommerziell eher schwierigen Nische etabliert, zwischen Elektronik, Neoklassik, Klavier-Jazz und Ambient Music. Nun stellt er sein neues Album "All Melody" in der Laiterie in Straßburg vor.

Wegen ihres enormen Melodienreichtums trägt die Platte ihren Titel völlig zu Recht. Dieses fast 75-minütige Mosaik aus zwölf teilweise nahtlos ineinander übergehenden Stücken ist das Opus magnum des Hamburgers, der in Berlin lebt. Zwei Jahre lang zog er sich dafür in sein neues Studio "Saal 3" im Haus des DDR-Rundfunks zurück. Mit einem gewaltigen Arsenal von analogen und digitalen Instrumenten, Synthesizern und Samplern, Rhythmusmaschinen und Effektgeräten produzierte Frahm unzählige Stunden an Musik – um dann vieles wieder wegzuwerfen. Ob es nicht weh tut, mit so großem Materialverlust zu arbeiten? "Nein, warum?", entgegnet der Musiker. "Wenn du Bildhauer bist, weinst du ja auch nicht jedem Stein hinterher, den du abschlägst."

"All Melody" sei zunächst ein mehrere Jahre altes Fragment gewesen, erzählt der 35-Jährige. Zwei, drei weitere Kompositionen hatte er schon im Kopf, "drum herum habe ich dann das Album gebaut". Im Gegensatz zu den sehr stillen Werken "Felt" (2011) oder "Screws" (2012), die Frahm allein noch in seinem Weddinger Wohnstudio zusammenbastelte, ließ er sich diesmal im großzügigeren Ambiente von anderen Musikern begleiten.

Neben Trompete, Schlagzeug, Cello und Bratsche ist auf mehreren neuen Tracks sogar ein zwölfköpfiger Chor zu hören. Ein "Orchester aus Flötenklängen" wollte Frahm aus seinen Keyboards generieren – es ist ihm auf verblüffend stimmige Weise gelungen. Dass diese hochkomplexe, oft hauchzarte, gelegentlich aber auch bis in pulsierenden Techno ausgreifende Musik nicht zu Ethnokitsch oder Bombast verkommt, muss man dem Klangzauberer hoch anrechnen.

Bis weit ins Jahr 2017 puzzelte Frahm an "All Melody" herum, aber irgendwann war doch Schluss mit den Nachbesserungen. Das Ergebnis gibt ihm Recht: So unterschiedliche Tracks wie die zarte Piano-Meditation "Forever Changeless", das monumentale Orgel- und Elektrobeat-Stück "Sunson" und der Choral von "Momentum" fügen sich zu einem harmonischen Ganzen. Wer Keith Jarrett, Philip Glass oder Vangelis mag, hat viel zu entdecken.

Termin: Straßburg, Laiterie, Mi, 7. Feb., 20 Uhr



von Werner Herpell (dpa)
am Fr, 02. Februar 2018

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