Mit Feinripp im Blechfieber

Radolfzell feiert 750 Jahre Stadtrecht

Radolfzell feiert mit großem Programm: Die drittgrößte Stadt am Bodensee begeht 750 Jahre Stadtrecht.

Er war auf der Suche nach einem schönen Platz am See und wurde fündig: Im neunten Jahrhundert ließ sich der Bischof von Verona am Bodensee nieder, um dort noch etliche angenehme Jahre zu verbringen. 826 gründete er seine "Cella Ratoldi", die Zelle des Bischofs Radolf. 1100 wurde Radolfzell Marktort, 1267 befestigt und zur Stadt erhoben: vor nunmehr 750 Jahren. Unter dem Motto "Jeden Moment wert" stehen beim Stadtjubiläum an mehr als 100 Tagen 60 Veranstaltungen und Projekte auf dem Programm: von Ausstellungen über Festivals und Kunstevents bis hin zu Genießertreffen und Sportaktionen. Eine Auswahl:

Die Heimat des Feinripps

Wer spendiert sein Leibchen? So lautete die Frage, mit der die Ausstellungsmacher um historische Exponate baten. Denn in Radolfzell gründete Jacques Schiesser aus der Schweiz im Jahr 1875 seine Trikotagenfabrik. Die Firma ist noch immer in Radolfzell ansässig und beim Jubiläum mit dabei. Vom 22. April bis 29. Oktober zeigen Stadtmuseum und Villa Bosch in Kooperation mit dem Unternehmen die Doppelausstellung "Mein Schiesser – Gestern und heute". Präsentiert werden in der Villa Bosch Schiesser-Lieblingsstücke der Menschen aus der Region, im Stadtmuseum steht unter dem Titel "Ein Jahrhundert Schiesser" die Unternehmensgeschichte im Mittelpunkt.

Stadt der Blechbläser

Rekordverdächtige 2000 aktive Musiker kommen in Radolfzell auf rund 30 000 Einwohner. Die Musikschule bildet stets neue Talente, vor allem für die Blasensembles aus – von der fasnächtlich-wilden Bläserkombo bis zum mehr als 50 Köpfe zählenden Jugendblasorchester. Unter dem Titel "Blechfieber 2017" ehrt die Stadt beim ersten Seefestival Radolfzell ihre große Blasmusiktradition. Es findet an Pfingsten vom 2. bis 5. Juni direkt am See statt. Bekannte Formationen wie La Brass Banda vom Chiemsee und die SWR Big Band, die sich den Jazzsänger Max Mutzke an die Seite geholt hat, ebenso wie Stadtkapelle, Jugendblasorchester und Froschenkapelle spielen auf. Der größte Blasmusikflashmob Deutschlands wird ebenfalls für Überraschungen sorgen.

Nacht der Unternehmen

Offene Türen, Kunst, Musik und Tanz in den Fabrikationshallen sowie eine eigens entworfene gläserne Produktion beim Automobilzulieferer ZF-TRW: All das soll es bei der Nacht der Radolfzeller Unternehmen am 5. Mai geben. Jede Firma, darunter etliche Weltmarktführer, hat sich etwas Besonderes einfallen lassen. Der Nahrungsmittelhersteller Hügli etwa lädt auf das Schiff "MS Königin Katharina" zu Live-Cooking und Verkostung ein.

Skulpturen entstehen im Vorübergehen

Holzspäne, Steinstaub, Funkenschlag – wenn die sechs Bildhauer, die am zweiten Radolfzeller Bildhauersymposium teilnehmen, an ihren Skulpturen arbeiten, wird geklotzt, nicht gekleckert: Vom 12. bis 20. Mai entstehen im Park auf der Halbinsel Mettnau vor den Augen der Besucher und Flaneure Kunstwerke zum Thema "Naturmomente". Täglich, außer am Sonntag, kann den Bildhauern über die Schulter geschaut werden. Zwei Jahre lang werden die Skulpturen danach im Mettnaupark ausgestellt.

Schwarzwälder Kirschtorte

Die Zeller sind Genießer – wurde von einem Radolfzeller doch nachweislich sogar die Schwarzwälder Kirschtorte erfunden: Konditor Josef Keller, der am Markt ein Café führte, hielt das Rezept 1927 handschriftlich fest. Das Café ist verschwunden, der Markt blieb: Mittwochs und samstags wird er am Münster abgehalten, im Sommer zusätzlich am Donnerstagabend. Dieser Abendmarkt, eine Spezialität Radolfzells, hat sich in den vergangenen Jahren zu einem echten Ausflugsziel entwickelt. Eine genussvolle Erfahrung verheißt auch das "Dîner en blanc 750": Am 19. August um 19 Uhr decken die Radolfzeller an der Hafenmole eine Tafel für 750 Gäste. Ganz in Weiß gekleidet teilen sie ihre mitgebrachten Köstlichkeiten und genießen sie direkt am Seeufer. Und am 24. September macht die Fernsehsendung SWR1 Pfännle Station am See – als krönender Abschluss der Sommertour.

Tour de Radolfzell und Lebendschach

Mit der Tour de Radolfzell wird am 2. Juli ein 23 Kilometer langer Radweg eröffnet, der die Kernstadt im Jubiläumsjahr mit ihren Teilorten, den sechs einst eigenständigen Dörfern Böhringen, Güttingen, Stahringen, Möggingen, Liggeringen und Markelfingen, verbindet. Spannende Erfahrungen versprechen auch die Bürgerprojekte, an denen mehr als 1000 Bewohner Radolfzells beteiligt sind. So etwa wird in Möggingen mit lebenden Figuren ein legendäres Schachspiel nachgespielt. Bürger mimen dabei Bauer, König, Turm und Co. Der Radolfzeller Münsterplatz wird zur Bühne für ein Maskentheater, eine Bürgerredaktion produziert ein Magazin zum Jubiläum. Nicht zuletzt schreiben mehrere Radolfzeller an den Szenen für den Historischen Zeitspaziergang am 2. Oktober: An diesem Tag wurde das Stadtrecht verliehen, an der Stadtmauer unterhalb des Obertors.

Alle Informationen zum Jubiläum unter http://www.r750lfzell.de
von BZ
am Fr, 20. Januar 2017

Badens beste Erlebnisse