Interview

Schauspieler Bruno Ganz über seine Rolle des Alm-Öhi in der „Heidi“-Neuverfilmung

TICKET-INTERVIEW: Der Schauspieler Bruno Ganz über seine Rolle des Alm-Öhi in der "Heidi"-Neuverfilmung.

Er ist sicherlich der größte Schauspieler der Schweiz. Nun erlebt man Bruno Ganz (74) in der Neuverfilmung des Kinderbuchs "Heidi" als knorrigen Alm-Öhi – eine Rolle, der er sich verpflichtet fühlte. Markus Tschiedert sprach mit Bruno Ganz darüber in München.


Ticket: Wie sind Sie das erste Mal mit Johanna Spyris "Heidi" in Berührung gekommen?
Ganz: Bei uns in der Schweiz liegt das in der Luft, jeder kennt Heidi, wirklich jeder. Ich weiß nicht mehr, ob man mir als Kind daraus vorgelesen hat oder ich das Buch selbst zur Hand nahm. Wirklich beschäftigt habe ich mich erst damit, als ich wusste, dass ich den Alm-Öhi spielen würde. Dafür habe ich mir dann auch die alten Filme angesehen.
Ticket: Die Produzenten sollen sich zuerst gar nicht getraut haben, Sie zu fragen, ob Sie diese Rolle spielen würden...
Ganz: Das kann ich nicht nachvollziehen. Die haben vielleicht unterschätzt, dass ich Schweizer bin. Irgendwann habe ich aufgehört, darüber nachzudenken, ob die Rolle interessant genug für mich ist, und kapierte, dass ich sie spielen muss, weil ich alt genug bin und weil ich Schweizer bin.
Ticket: Für Sie war es also auch eine Ehre?
Ganz: "Heidi" ist ein National-Epos in der Schweiz und es gab keinen Grund, dass ich dazu nein sagen würde. Das war nicht möglich, auch vor mir selber nicht, und dann fand ich die Rolle auch interessant.
Ticket: Merken Sie es häufiger, dass man Ihnen viel Ehrfurcht entgegenbringt?
Ganz: Nein, ich habe nicht das Gefühl.
Ticket: Klingt, als wären Sie darüber ein bisschen enttäuscht...
Ganz: Manchmal! Manchmal denke ich, ich hätte mehr verdient. Manchmal, wenn man es gern hätte, dass die Leute einen erkennen, um schneller und besser bedient zu werden, zum Beispiel weil man gerade im Stress ist, kommt man immer an jemanden, der einen noch nie gesehen hat und den Namen nicht kennen. In solchen Momenten wäre ich gerne richtig berühmt.
Ticket: Wären Sie gern Großvater?
Ganz: Mein Sohn hat keine Kinder, aber ich hätte nichts dagegen.
Ticket: Der Alm-Öhi ist sehr mit den Bergen verbunden. Was bedeutet Ihnen Ihre Heimat?
Ganz: Als ganz junger Mann wollte ich eigentlich nur weg aus der Schweiz und je älter ich wurde, desto mehr wollte ich zurück. Ich wollte wieder dorthin zurück, wo ich herkomme. Mir ist dort alles sehr vertraut. Auch wenn ich es nicht so mit den Bergen habe, ich mag lieber das Flachland. Aber davon haben wir in der Schweiz ja auch ein bisschen.
Ticket: Wie lange würden Sie es auf der Alm aushalten?
Ganz: Allein? Ich würde nicht mal auf den Gedanken kommen, dort hinzugehen.
Ticket: Wie haben Sie sich dann auf die Rolle vorbereitet, die ja auch verlangte, dass sie melken, mähen und Käse schneiden?
Ganz: Da war ich begünstigt, weil meine Verwandten Bauern sind. Als Kind wurde ich oft zu meinen Onkels väterlicherseits geschickt, und auch ein Stadtkind konnte nicht unterm Apfelbaum liegen, sondern wurde wie alle zur Arbeit herangezogen. Ich habe dabei sehr viel gelernt und konnte auch Kühe melken.
Ticket: Und wie haben Sie Ihren eigenen Großvater erlebt?
Ganz: Mein Großvater mütterlicherseits ist in Argentinien gestorben, weil die Familie in Italien so arm war, dass sie ausgewandert sind. Väterlicherseits habe ich einen schwarzgekleideten Mann mit Hut in Erinnerung, der immer auf einer Ofenbank saß und rauchte. Der war schon sehr alt.
Ticket: Sie harmonisieren sehr gut im Zusammenspiel mit jungen Kollegen...
Ganz: ... das sind keine jungen Kollegen, sondern Kinder! Die werden von mir auch immer als Kinder wahrgenommen.
Ticket: Und wie war es mit Anuk Steffen als Heidi?
Ganz: Das war schon etwas Besonderes, aber ich verwechsle das nicht mit Profis oder Nachwuchsdarstellern, mit denen man auf der gleichen Ebene kommuniziert. Das ist ein Kind, das ein Kind spielt. Sie ist autonom und wenn ihr jemand etwas sagte, dann die Regie und nicht ich. Ich hatte Geduld und sah zu.

von tsc
am Fr, 11. Dezember 2015

Info

HEIDI

Regie: Alain Gsponer
Mit Anuk Steffen, Bruno Ganz, Isabelle Ottmann, Hannelore Hoger u.a.
111 Min., ohne Altersbeschränkung

Die Story
Nach dem Tod ihrer Eltern wird Heidi (Anuk Steffen) zu ihrem Großvater (Bruno Ganz) abgeschoben, der anfangs wenig begeistert ist. Doch das Mädchen gewinnt schnell sein Herz und fühlt sich auf der Alm pudelwohl. Aber ihre Tante hat neue Pläne und entführt Heidi nach Frankfurt, wo sie vom Heimweh ergriffen wird...  

Autor: bz

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