Schnäppchenjagd bei den Schwaben
S chnäppchenjäger müssen früh aufstehen. Um 8 Uhr steht der Bus von Rast-Reisen aus Hartheim mit Fahrer Wolfram Etzel abfahrtsbereit auf dem Freiburger Karlsplatz. Die ersten Gäste sind bereits um 7.15 Uhr in Hartheim zugestiegen. Es geht nach Metzingen. Die Stadt mit den sieben Keltern, das grüne Zentrum am Fuße der Schwäbischen Alb, zu besichtigen sind das Rathaus und die Martinskirche, beides aus der Frühen Neuzeit. Aber das interessiert die Fahrgäste aus Baden nicht, sie wollen keinen schwäbischen Simsenkrebsler. Sie wollen nach Metzingen, weil sich hier Fabrikverkauf an Fabrikverkauf reiht. Angefangen von Boss, der hier auch produziert, haben sich unzählige weitere bekannte und teure Marken angesiedelt. 20 Euro beträgt die Investition für die Busfahrt in das billige Einkaufsparadies.
Die rotbrünette Enddreißigerin hinter mir berichtet ihrer Nebensitzerin von den Jagdtrophäen ihrer letzten Schnäppchentouren. ". . . einen weißen Hilfiger-Pulli . . . eine Jeans von Joop . . ." Als sie fertig ist, sind bereits die Höhen des Schwarzwalds erreicht und auf der A 81 bleibt noch genügend Zeit sich Strategien und Laufwege zu überlegen, wie in den folgenden Stunden die Wühltische und Kleiderständer abgegrast werden sollen. Metzingen ist bestens eingestellt auf die Schnäppchentouristen. Kaum im Ort, schon führen Wegweiser zu den verschiedenen Marken, große Parkhäuser verdauen auch den samstäglichen Ansturm.
Dann geht es los, bei den Damen leuchten die Augen, den - wenigen - Herren steht schon im Vorgriff der Schweiß der Tütenschlepperei auf der Stirn geschrieben. Gegenüber der Anfangszeit, als sich angehende Geschäftsleute oder Banklehrlinge hier mit günstigen Anzügen versorgten, hat sich viel getan. Aus einer ausrangierten Fertigungshalle mit dem Charme des Großlagers haben sich noble Kaufhäuser mit Designern aller Couleur entwickelt. Beratung ist hier zwar die Ausnahme, aber die Atmosphäre ist trotz des Ansturms angenehm, es gibt genügend Umkleidekabinen und die Auswahl ist enorm.
Noch heute ist eine der größten Zielgruppen die der jungen Männer, die einen Anzug benötigen. Aber nicht erst seit Boss auch Mode für Damen anbietet, sind hier auch viele Frauen auf Schnäppchenjagd. Mädchen sind mit roten Tüten von Esprit unterwegs, Jungs mit den orangefarbenen von Nike, Frauen mit weißen von Escada und Männer mit braunen Papptüten von Boss. Wenn sich doch einmal ein Tagestourist in die herausgeputzte Innenstadt von Metzingen verirrt, ist er an den großen Tüten leicht zu erkennen. Oft kommt das nicht vor. Höchstens die Gastronomie verdient an den Schnäppchenjägern. Dementsprechend "beliebt" sind sie. "Diese Kleidungs-Touristen gehen mir auf den Senkel - diese Umweltverschmutzer", sagt ein junger Mann in bruddligem Schwäbisch. In der Innenstadt werden hier wie eh und je am Samstag um 13 Uhr die Gehsteige nach oben geklappt.
In den Outlets wird dagegen an Samstagen inzwischen bis 18 Uhr verkauft. Und so sprintet eine Mitfahrerin erst im letzten Moment zum Bus, weil hier bereits um 16.30 die Heimfahrt ansteht. "Fünf Stunden Einkaufen, das muss doch reichen", sagt Busfahrer Etzel. Er war nicht einkaufen, sondern hat sich die Stadt der sieben Keltern angeschaut: "War sehr interessant." Die Schnäppchenjäger sind auch zufrieden. Während die männlichen Mitfahrer mit dem Schicksal des SC mitfiebern und für das 3:2 von Hansa Rostock nur ein hämisches Grinsen übrig haben, listen die Damen ihre Beute auf. "Die Kassiererin hat versehentlich die ursprünglichen Preise eingetippt - da bin ich fast aus den Latschen gekippt", sagt eine junge Frau. Umso stolzer ist sie nun, da sie nur einen Bruchteil der Summe zu berappen hatte. Und so zählt sie auf, was sie alles ergattert hat. Als sie fertig ist, ist der Schwarzwald wieder erreicht. Und die Damen bestärken sich gegenseitig in ihrem Credo: "Markenware hält länger." Hoffentlich nicht allzu lange, denn frau will ja auch wieder mal auf Schnäppchentour gehen.
Martin Pfefferle
Die rotbrünette Enddreißigerin hinter mir berichtet ihrer Nebensitzerin von den Jagdtrophäen ihrer letzten Schnäppchentouren. ". . . einen weißen Hilfiger-Pulli . . . eine Jeans von Joop . . ." Als sie fertig ist, sind bereits die Höhen des Schwarzwalds erreicht und auf der A 81 bleibt noch genügend Zeit sich Strategien und Laufwege zu überlegen, wie in den folgenden Stunden die Wühltische und Kleiderständer abgegrast werden sollen. Metzingen ist bestens eingestellt auf die Schnäppchentouristen. Kaum im Ort, schon führen Wegweiser zu den verschiedenen Marken, große Parkhäuser verdauen auch den samstäglichen Ansturm.
Dann geht es los, bei den Damen leuchten die Augen, den - wenigen - Herren steht schon im Vorgriff der Schweiß der Tütenschlepperei auf der Stirn geschrieben. Gegenüber der Anfangszeit, als sich angehende Geschäftsleute oder Banklehrlinge hier mit günstigen Anzügen versorgten, hat sich viel getan. Aus einer ausrangierten Fertigungshalle mit dem Charme des Großlagers haben sich noble Kaufhäuser mit Designern aller Couleur entwickelt. Beratung ist hier zwar die Ausnahme, aber die Atmosphäre ist trotz des Ansturms angenehm, es gibt genügend Umkleidekabinen und die Auswahl ist enorm.
Noch heute ist eine der größten Zielgruppen die der jungen Männer, die einen Anzug benötigen. Aber nicht erst seit Boss auch Mode für Damen anbietet, sind hier auch viele Frauen auf Schnäppchenjagd. Mädchen sind mit roten Tüten von Esprit unterwegs, Jungs mit den orangefarbenen von Nike, Frauen mit weißen von Escada und Männer mit braunen Papptüten von Boss. Wenn sich doch einmal ein Tagestourist in die herausgeputzte Innenstadt von Metzingen verirrt, ist er an den großen Tüten leicht zu erkennen. Oft kommt das nicht vor. Höchstens die Gastronomie verdient an den Schnäppchenjägern. Dementsprechend "beliebt" sind sie. "Diese Kleidungs-Touristen gehen mir auf den Senkel - diese Umweltverschmutzer", sagt ein junger Mann in bruddligem Schwäbisch. In der Innenstadt werden hier wie eh und je am Samstag um 13 Uhr die Gehsteige nach oben geklappt.
In den Outlets wird dagegen an Samstagen inzwischen bis 18 Uhr verkauft. Und so sprintet eine Mitfahrerin erst im letzten Moment zum Bus, weil hier bereits um 16.30 die Heimfahrt ansteht. "Fünf Stunden Einkaufen, das muss doch reichen", sagt Busfahrer Etzel. Er war nicht einkaufen, sondern hat sich die Stadt der sieben Keltern angeschaut: "War sehr interessant." Die Schnäppchenjäger sind auch zufrieden. Während die männlichen Mitfahrer mit dem Schicksal des SC mitfiebern und für das 3:2 von Hansa Rostock nur ein hämisches Grinsen übrig haben, listen die Damen ihre Beute auf. "Die Kassiererin hat versehentlich die ursprünglichen Preise eingetippt - da bin ich fast aus den Latschen gekippt", sagt eine junge Frau. Umso stolzer ist sie nun, da sie nur einen Bruchteil der Summe zu berappen hatte. Und so zählt sie auf, was sie alles ergattert hat. Als sie fertig ist, ist der Schwarzwald wieder erreicht. Und die Damen bestärken sich gegenseitig in ihrem Credo: "Markenware hält länger." Hoffentlich nicht allzu lange, denn frau will ja auch wieder mal auf Schnäppchentour gehen.
Martin Pfefferle
am
Fr, 19. März 2004