Schorsch sagt wieder ja

Bei der Streisselhochzeit im elsässischen Seebach kommen Auge und Magen auf ihre Kosten.

Z u unrecht verkannt steht das nördliche Elsass immer noch im Schatten des Südens. Kein Berg, der die Tausenderspitze knackt, keine steilen Rebhänge. Und die Dörfer sollen auch nicht so schnuckelig sein, heißt es. Doch: Die Fachwerkhäuser sind intakt und gepflegt, mit Rosengärten vor der Tür und Gemüsegärten zwischen Haus und Straße. Sogar Rossbolle liegen auf dem Asphalt, der Gaul steht hier immer noch hoch im Kurs. Der schöne Garten Elsass geht hier ins Pfälzische über. Nicht nur landschaftlich, sondern auch in der Sprache. Der fränkisch-pfälzische Dialekt wird wie eh und je gebabbelt.

Das zwischen Weißenburg und Straßburg gelegene Oberseebach ist ein gutes Beispiel für einen Ort, der die Anfahrt lohnt. Ein Mal im Jahr, am Wochenende nach dem Nationalfeiertag, scheint hier das Leben förmlich zu explodieren. Der Schorsch und die Bawelle, zwei Seebacher Originale, geben sich das Jawort, öffentlich; und das seit 1966. "La Streisselhochzeit" ist ein Rundum-glücklich-Paket, dass helfen soll, Brauchtum zu erhalten. Und sie ist eine Herausforderung für das kleine Dorf.

Das halbe Dorf ist auf den Beinen

800 von 1700 Einwohner sind für dieses Spektakel auf den Beinen. Bereits am Freitagabend um 19 Uhr geht es los mit feinem Essen (Flammkuchen und mehr) und einem Straßenschauspiel. Für Samstag sind die Höfe geöffnet. Dann kann man dem Schmied über die Schulter gucken. Die Vermählung von Bawelle und Schorsch findet erst am Sonntag statt. Selbstverständlich lässt man die Hochzeiter nicht alleine. Beim Bürgermeister, beim Essen, beim Hochzeitsumzug sind Gäste willkommen.

Gefeiert wird mit allem, was die Tradition hergibt. Zum Beispiel mit Pferdefuhrwerken, beladen mit der Mitgift. Auch wird der Siebensprung von den jungen Kerlen des Dorfs aufgeführt, ein uralter Brauch. Ob das nun keltischen, römischen oder alemannischen Ursprungs ist? Das kleine Seebach ist schon seit 2000 Jahren besiedelt! Wie jedes Jahr feiern auch Hochzeitspaare aus den anderen elsässischen Regionen und sogar aus Polen und der Bretagne mit. Die Trachten sind von Ort zu Ort verschieden und nur Eingeweihte wissen, warum nun ein Mädchen mit Rosmarin umkränzt ist und ein anderes nicht. Seebacher Männer tragen an diesem Tag Biberfellmützen oder schwarze Hüte mit großer Krempe. Und auch in den Küchen regiert die elsässische Tradition. Im Kochtopf schmort Kesselflaasch und in den Öfen garen Saumagen und Baeckeoffe. Mit Appetit in Seebach ankommen macht also Sinn.

Phillip Menzen

Streisselhochzeit Seebach, Fr, 16 Juli, 19 Uhr Eröffnung mit dem Straßenschauspiel "Eine Seite Geschichte"

Sa, 17. Juli, ab 18 Uhr, Öffnung der Höfe, Straßenschauspiel, Lichtergespanne

So, 18. Juli, 10 Uhr, Öffnung der

Bauernhöfe, ab 10.30 Uhr Streisselhochzeit

Eintritt: 4 Euro/ Tag, Zweitageskarte:

6 Euro, Info: [TEL] Rathaus 0033/388947094

http://www.uas-seebach.com

am Fr, 16. Juli 2004

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