Theater

Schweizer Erstaufführung von Ewald Palmetshofers "Die Unverheiratete" am Schauspielhaus Basel

Schweizer Erstaufführung von Ewald Palmetshofers "Die Unverheiratete" in Basel.

Dem Stück liegt ein authentischer Fall zu Grunde. In der österreichischen Provinz sorgte eine 29-jährige Frau im April 1945, wenige Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, dafür, dass ein junger Wehrmachtssoldat, der laut darüber nachgedacht hatte zu desertieren, von einem nationalsozialistischen Militärgericht hingerichtet wurde.

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Für ihre Denunziation wurde die Frau ein Jahr später zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt. Der 1978 in Linz geborene Dramatiker Ewald Palmetshofer nimmt in "Die Unverheiratete" eine spätere Perspektive ein: Die junge Frau von damals ist eine alte Frau geworden, sie sieht sich mit den Fragen ihrer Nachkommen, vor allem ihrer Enkelin, konfrontiert. In einem Interview mit der Zeitschrift Theater heute sagte Palmetshofer: "Ich frage mich, was es für die Nachkommen bedeutet, die Täterinnen und Täter, ihre Schuld und Verantwortung zu erinnern. Wie verhält sich dieses Erinnern familiären Bindungen gegenüber, Gefühlen von Vertrautheit und vielleicht auch Liebe?" Damit ist ein zentrale Frage des Erinnerns berührt: Wie lässt sich die historische Frage nach Moral und Verantwortung mit einer emotional geprägten familiären Beziehung vereinen?

Ewald Palmetshofer erprobt sie in seinem Drama an sieben Frauenfiguren. Es wurde im Dezember 2014 in Wien in der Inszenierung von Robert Borgmann uraufgeführt und traf auf ein enormes Echo. 2015 erhielt "Die Unverheiratete" nicht nur den Mülheimer Dramatiker preis. Die Inszenierung wurde auch für das Berliner Theatertreffen ausgewählt. Das lag nicht zuletzt an der großen Schauspielerin Elisabeth Orth, die die Täterin von damals grandios verkörperte.

Jetzt nimmt sich die 1974 in Stuttgart geborene Regisseurin Felicitas Brucker, ehemals Hausregisseurin an dem vom heutigen Basler Intendanten Andreas Beck geleiteten Schauspielhaus Wien – in Freiburg inszenierte sie zuletzt "Ödipus" und "Così fan tutte" –, der Schweizer Erstaufführung von Palmetshofers Drama an. Es wird nicht zuletzt darum gehen, Palmetshofers rhythmisch hochkomplexe Sprache, die auf ihrem literarischen Eigenwert beharrt, nachvollziehbar zu machen. Nicht zuletzt hat der Anspruch des studierten Theologen und Philosophen, seine hochartifiziellen Texte der Konsumierbarkeit zu entziehen, ihm den Ruf eingebracht, zu den herausragenden Gegenwartsdramatikern zu gehören.

Felicitas Brucker ist mit dieser Sprache bestens vertraut. Sie inszenierte bereits sein erstes Stück "hamlet ist tot. keine schwerkraft" (2007) und richtete ebenfalls am Wiener Schauspielhaus auch die Uraufführung von "faust hat hunger und verschluckt sich an einer grete" (2009) ein. In Basel könnte Palmetshofer noch in anderer Funktion tätig werden: Er ist seit der vergangenen Spielzeit Dramaturg am Theater. Aber eine solche Doppelfunktion verbietet sich naturgemäß.

Gespannt darf man sein auf die Frauenriege, die in Basel für "Die Unverheiratete" auf der Bühne steht: Allen voran die Alte in Gestalt von Marlen Diekhoff, 1980 bis 2013 Ensemblemitglied am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, die mit Regisseuren wie Peter Palitzsch, Hans Neuenfels, Niels-Peter Rudolph und Wilfried Minks gearbeitet hat. Sie wird begleitet von Carina Braunschmidt, Cathrin Störmer, Barbara Horvath, Franziska Hackl, Katja Jung und Pia Händler. Ein Abend der Frauen.

Termin: Basel, Schauspielhaus, Premiere: Do, 23. März, 19.30 Uhr
von Bettina Schulte
am Fr, 17. März 2017

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