Skaten auf den Bremsspuren der Rennfahrer

Muskelkraft statt PS: Einmal pro Woche gehört der Hockenheim-Ring mehreren Tausend Inline-Skatern / Beim Après-Skate wird angebandelt.

N ormalerweise laufen hier die Motoren der Formel 1 heiß. Doch dienstagabends ist auf dem Hockenheim-Ring nur das gleichmäßige Surren von Tausenden von Rollen zu hören: Beim wöchentlichen Skate-Date gehört die berühmte Rennstrecke für vier Stunden Freizeitskatern und rollenbegeisterten Sportlern. Bis zu 5000 Besucherinnen und Besucher folgen dann im Ring Schumis Spuren.

In der vorletzten Kurve wird es eng. Die Fahrbahn windet sich um 180 Grad, sie ist schwarz von Bremsspuren. Zum ersten Mal geht es leicht abwärts. Die Rollen werden immer schneller, der Fahrtwind pfeift um die Ohren. Ein Dutzend Skater nimmt die Kurve souverän. Tobender Applaus von der Südtribüne. Pardon, aber die Fantasie kann beim Skate-Date auf dem Ring schon mal durchgehen: Die 120 000 Plätze im Ring sind leer, aber das Renngefühl ist da. Auf der Fahrbahn liegen verschmorte Gummiteilchen, Bremsspuren erzählen Geschichten von jüngsten Rennen, und im Ziel dudelt Diskomusik. "Wenn ich mir ausmale, dass hier bald die Profis fahren, finde ich das irre", sagt Carmen Lutzi, die gerade die Hälfte des 4,5 Kilometer langen Kurses hinter sich gebracht hat.

Der zehnjährige Mario huldigt seinem Held mit einem leuchtend roten Schumi-Hemd. Er fährt schon die dritte Runde und ist kein bisschen müde. "Ich habe mir das nicht so kurvig vorgestellt", sagt der Rennsport-Fan, der seinen Vater beim Betriebsausflug begleitet. Da das Feld der Papas abgeschlagen hinter ihm liegt, rattert der Junge über die blau-weiße Fahrbahnbegrenzung hinweg und wartet auf dem Rasen. 17 Kurven, sechs Geraden und eine Fahrbahn von mindestens 15 Meter Breite, die Piste des Hockenheim-Rings ist für Skater verlockend.

Das fand auch Frank Welter, Inhaber einer Agentur für Event und Motorsport, der vor einigen Jahren mal "etwas Langsames" im Motodrom machen wollte. Mit Unterstützung des Hockenheimer Bürgermeisters überzeugte der Inline-Skate-Fan die Verantwortlichen davon, dass der Ring auch für Muskelkraft statt PS geöffnet wird. Seit 1998 ist die Bahn dienstags für Inline-Skater, Babyjogger - Skate-taugliche Kinderwagen - und Renn-Rollstuhlfahrer frei. Im Sommer organisieren die Veranstalter auch Open-Air-Konzerte und Showeinlagen fürs Skate-Date oder buchen DJs.

Schon mehr als 150 000 Gäste rollten über die Formel-1-Strecke. Beim Blick auf die Kennzeichen der Autos auf den Parkplätzen wird klar: Die Leute kommen von weit. Skate-Date, so erklärt Frank Welter, sei durchaus auch im Wortsinn zu verstehen. Bei Würstchen und Bier am Fahrbahnrand anbandeln - zumindest in einem Fall habe das zu späterer Heirat geführt. Doch das Spektakel ist bei Familien und Betrieben nicht minder beliebt: Mamas und Papas sind mit ihren Kindern auf der Bahn oder schieben Dreiräder an langen Stangen und Kinderwagen vor sich her. Die "Banker in Bestform" sind im Motodrom ebenso zu finden wie Hausfrauenclubs und Sportvereine. "Hier kann man endlich mal ohne zu stocken fahren", freut sich Petra Messer (45), deren Skate-Kurs gerade Abschluss auf dem Ring feiert.

Bis in die letzte Reihe der Südtribüne ist das Surren der vielen Tausend Rollen zu hören. Von oben betrachtet ist das Skate-Date ein sanftes Spektakel, wie Wellness für die Fahrbahn. Auf der gewundenen Strecke arbeiten sich die Skater im warmen Abendlicht wie fleißige Ameisen voran. Langsame fahren rechts, Schnelle links - so jedenfalls die Theorie. Wer gegen den Strom fährt, wird aus dem Verkehr gezogen. Allerdings sind die Aufpasser mit dem Auto unterwegs, nicht mit Skates.

Doch die Skater-Gemeinde kommt auf der Strecke gut miteinander klar. "Achtung, da kommen Schnelle", kreischt eine Mutter ihren Sohn an. Eine überflüssige Warnung, denn die Speed-Skater warnen selbst mit Trillerpfeifen und rasen dann links am großen Pulk vorbei. Obwohl Tausende von Skatern die Fahrbahn bevölkern, passiert relativ wenig, wie Thomas Hermann vom Roten Kreuz berichtet. Etwa vier Leute pro Abend holen sich Pflaster gegen Blasen. Ansonsten behandeln die Sanitäter Verstauchungen und Schürfwunden. "Das Schlimmste, was bisher passiert ist, waren Knochenbrüche."

Kirsten Wörnle

Skate-Date: Hockenheim-Ring, dienstags 18 bis 22 Uhr, Haupttribüne, Eintritt

Erwachsene: 3,50 Euro, Kinder: 1,50 Euro,

Infos unter http://www.skate-hockenheimring.de

am Fr, 21. Mai 2004

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