Weltmusik

Talvin Singh in der Kaserne

Asian-Underground-Erfinder Talvin Singh in der Kaserne.

Um die Jahrtausendwende gab es mal einen musikalischen Hype, der sich Asian Underground nannte. Talvin Singh, ihr prominentester Vertreter, kommt nun zu einem Auftritt in die Basler Kaserne.

Junge Produzenten, zumeist Briten indischer oder pakistanischer Herkunft, koppelten damals die traditionellen Töne des Subkontinents mit Drum ’n’ Bass, Dub und HipHop, schufen eine neue Clubkultur von London über Delhi bis San Francisco. Übrig geblieben ist davon kaum etwas, nur ganz wenige Lichtgestalten wie Talvin Singh.

Die Biographie des Londoners, der das Land seiner Vorfahren erst mit elf Jahren kennen lernt, ist Fusion durch und durch. Als Street Kid stellt er sich im East End mit seinem Ghettoblaster an die Häuserecken und spielt zu frühem HipHop auf seinem Tabla-Set, schnuppert in der Acid-House-Szene herum. Zugleich taucht er in die Welt der klassischen indischen Musik ein, nimmt vor Ort Unterricht bei einem Meister. Die Crux dieser Mittlerposition: Als er es geschafft hat, sich einen Ruf im Zirkel der Ehrwürdigen zu erspielen, lehnen Konzertpromoter den Wuschelkopf aufgrund seines punkigen Erscheinungsbildes ab.

Enttäuscht von den snobistischen Verkrustungen beschließt er, fortan sein eigenes Ding durchzuziehen. Als sich Drum ’n’ Bass als neues Genre etabliert, sieht er seine Stunde gekommen. Ihn fasziniert die Eleganz des Rhythmus, die selbst bei 160 Beats in der Minute noch zu spüren ist, und er adaptiert sie für seine komplexen Perkussionsmuster, die er Tablatronics tauft.

Nachdem er für ein denkbar weites Spektrum von Stars, unter ihnen Sun Ra, Bim Sherman und Björk, die Tabla bedient hat, tastet er sich an seine eigene Klangwelt heran. 1996 etabliert er das "Calcutta Cyber Café", ein Kreativforum für DJs, die an einer Synthese von akustischen und elektronischen Zutaten zimmern. Jede Woche präsentiert er dort ein Konzert mit klassischer indischer Musik, während eine Treppe tiefer, bei den "Anokha"-Clubabenden, Sounds vom Subkontinent mit Tanzbarem konfrontiert werden.

Seine beiden Soloalben, "O.K." und "Ha!" erscheinen 1998 und 2001 als Geniestreiche, die mit hektischen Tablatronic-Exzessen, aufdringlichen Tieftönen, aber genauso zartem Bollywood-Streichorchester aufwarten. Allmählich aber nimmt er immer mehr meditative Auszeiten vom Asian Underground, pflegt seine Kontakte zur indischen Klassik, nimmt Alben mit Flöten- und Sitarvirtuosen auf.

In der Kaserne will er nun wieder den von ihm aus der Taufe gehobenen Asian Underground feiern. Man darf gespannt sein, mit welchen Verknüpfungen von indischen Roots und globaler Popelektronik er 20 Jahre nach dem Aufkeimen der Bewegung aufwartet.

Termin: Do, 30. Nov., Basel, Kaserne 20 Uhr
von Stefan Franzen
am Fr, 24. November 2017

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