Interview
Tom Hiddleston über die Romanverfilmung „High-Rise“ und die Siebzigerjahre
Weltberühmt wurde Tom Hiddleston (35) als schurkischer Loki, Gegenspieler des Marvel-Comichelden "Thor". Privat ist der Brite jedoch sehr angenehm und richtig sympathisch. Auf den Bösewicht muss er sich nicht abonnieren lassen. In der Romanverfilmung "High-Rise" erleben wir den gebürtigen Londoner als neuen Bewohner eines Hochhauses, der sich plötzlich in einem Klassenkampf zwischen den unteren und oberen Etagen wiederfindet. Markus Tschiedert traf den smarten Schauspieler in Belfast.
Ticket: Der Roman "High-Rise", geschrieben 1975 von J. G. Ballard, galt als nicht verfilmbar. Nun spielen Sie die Hauptrolle in einer Geschichte, die älter ist als sie selbst.
Tom Hiddleston: Deshalb sprach ich mit meinen Eltern darüber. Ich erinnere mich an viele Fotos von meiner Mutter und meinem Vater, die um 1975 entstanden sein müssen. Mein Vater sah damals genauso aus wie ich heute. Er hatte welliges gelocktes Haar und trug Anzüge wie ich in "High-Rise".
Ticket: Welches Bild von den Siebzigern haben Sie sich eingeprägt?
Hiddleston: Im London der frühen Achtziger bin ich in gewisser Weise mit den Altlasten der Siebziger groß geworden. Ich weiß noch, dass ich fünf Jahre alt war und meinen Eltern zuhörte, die gerade Besuch von Freunden hatten und sich über die damalige britische Premierministerin Margaret Thatcher unterhielten. Darüber, wie sie nach den freizügigen Siebzigern einen härteren Kurs einschlug und wie sich die Welt an sich verändert hat.
Ticket: Half Ihnen dieses Feeling aus Ihrer Kindheit, um sich auf Ihre Rolle einzustellen?
Hiddleston: Ich glaube, dass diese Geschichte von "High-Rise" in jene Zeit gehört, als die revolutionäre Energie der späten Sechziger und frühen Siebziger in etwas überging, was wir heute als die wirtschaftlichen Werte des freien Marktes der westlichen Welt verstehen. Das änderte alles, von der Einstellung zur Sexualität über Mode bis zur Kindererziehung.
Ticket: Ihre Anzüge im Film erinnern gar nicht unbedingt an die Siebziger...
Hiddleston: Das stimmt! Wenn man an die Siebziger denkt, fallen einem zuerst lange Haare, Koteletten und John Travolta aus "Nur Samstag Nacht" ein. Doch einen Monat vor Drehbeginn zeigte mir unsere Kostümdesignerin Odile Dicks-Mireaux Fotos von Roger Moore, als er 1973 seinem ersten Bond-Film "Leben und Sterben lassen" drehte, sowie vom früheren Bond-Darsteller George Lazenby und Brian Ferry von der Gruppe Roxy Music. Alle drei hatten weder lange Haare noch Backenbärte und wirkten damit recht schlank, smart und fit.
Ticket: Wenn Sie in "High-Rise" schon wie James Bond in den Siebzigern aussehen: Wäre das denn eine Rolle, die Sie ebenfalls reizen könnte?
Hiddleston: Das nehme ich mal als Kompliment (lacht). Das wäre natürlich eine große Sache – mehr als ich mir vorstellen könnte!
Ticket: Nun sah Ballard seinen Roman als Zukunftsvision. Haben sich seine Vorstellungen verwirklicht?
Hiddleston: In einem Interview zu "High-Rise" antwortete er auf die Frage, ob er oft vorm Fernseher sitze, dass er das sogar sehr wichtig fände – so wichtig wie die Tageszeitung zu lesen. Irgendwann, so meinte er, werden Kameras die Welt verändern und die Menschen nicht nur besondere Anlässe, sondern sich sogar ständig selbst fotografieren und filmen: Er sagte da also nichts anderes voraus als Internet, YouTube und Selfies.
Ticket: "High-Rise" zeigt ein Hochhaus als Klassengesellschaft. Klassensysteme existieren, besonders in Ihrer Heimat Großbritannien. Wie stehen Sie dazu?
Hiddleston: Alle Künstler sollten klassenlos sein, zumindest denke ich so, denn wer diesen Beruf wählt, muss seine Klassenzugehörigkeit aufgeben. Denn wir Künstler sind alle irgendwie Außenseiter. Als Künstler kreiert man etwas aus der Gesellschaft, die man beobachtet und reflektiert, um ständig den Status Quo einer Gesellschaft in Frage stellen zu können.
von tsc
Tom Hiddleston: Deshalb sprach ich mit meinen Eltern darüber. Ich erinnere mich an viele Fotos von meiner Mutter und meinem Vater, die um 1975 entstanden sein müssen. Mein Vater sah damals genauso aus wie ich heute. Er hatte welliges gelocktes Haar und trug Anzüge wie ich in "High-Rise".
Ticket: Welches Bild von den Siebzigern haben Sie sich eingeprägt?
Hiddleston: Im London der frühen Achtziger bin ich in gewisser Weise mit den Altlasten der Siebziger groß geworden. Ich weiß noch, dass ich fünf Jahre alt war und meinen Eltern zuhörte, die gerade Besuch von Freunden hatten und sich über die damalige britische Premierministerin Margaret Thatcher unterhielten. Darüber, wie sie nach den freizügigen Siebzigern einen härteren Kurs einschlug und wie sich die Welt an sich verändert hat.
Ticket: Half Ihnen dieses Feeling aus Ihrer Kindheit, um sich auf Ihre Rolle einzustellen?
Hiddleston: Ich glaube, dass diese Geschichte von "High-Rise" in jene Zeit gehört, als die revolutionäre Energie der späten Sechziger und frühen Siebziger in etwas überging, was wir heute als die wirtschaftlichen Werte des freien Marktes der westlichen Welt verstehen. Das änderte alles, von der Einstellung zur Sexualität über Mode bis zur Kindererziehung.
Ticket: Ihre Anzüge im Film erinnern gar nicht unbedingt an die Siebziger...
Hiddleston: Das stimmt! Wenn man an die Siebziger denkt, fallen einem zuerst lange Haare, Koteletten und John Travolta aus "Nur Samstag Nacht" ein. Doch einen Monat vor Drehbeginn zeigte mir unsere Kostümdesignerin Odile Dicks-Mireaux Fotos von Roger Moore, als er 1973 seinem ersten Bond-Film "Leben und Sterben lassen" drehte, sowie vom früheren Bond-Darsteller George Lazenby und Brian Ferry von der Gruppe Roxy Music. Alle drei hatten weder lange Haare noch Backenbärte und wirkten damit recht schlank, smart und fit.
Ticket: Wenn Sie in "High-Rise" schon wie James Bond in den Siebzigern aussehen: Wäre das denn eine Rolle, die Sie ebenfalls reizen könnte?
Hiddleston: Das nehme ich mal als Kompliment (lacht). Das wäre natürlich eine große Sache – mehr als ich mir vorstellen könnte!
Ticket: Nun sah Ballard seinen Roman als Zukunftsvision. Haben sich seine Vorstellungen verwirklicht?
Hiddleston: In einem Interview zu "High-Rise" antwortete er auf die Frage, ob er oft vorm Fernseher sitze, dass er das sogar sehr wichtig fände – so wichtig wie die Tageszeitung zu lesen. Irgendwann, so meinte er, werden Kameras die Welt verändern und die Menschen nicht nur besondere Anlässe, sondern sich sogar ständig selbst fotografieren und filmen: Er sagte da also nichts anderes voraus als Internet, YouTube und Selfies.
Ticket: "High-Rise" zeigt ein Hochhaus als Klassengesellschaft. Klassensysteme existieren, besonders in Ihrer Heimat Großbritannien. Wie stehen Sie dazu?
Hiddleston: Alle Künstler sollten klassenlos sein, zumindest denke ich so, denn wer diesen Beruf wählt, muss seine Klassenzugehörigkeit aufgeben. Denn wir Künstler sind alle irgendwie Außenseiter. Als Künstler kreiert man etwas aus der Gesellschaft, die man beobachtet und reflektiert, um ständig den Status Quo einer Gesellschaft in Frage stellen zu können.
von tsc
am
Fr, 01. Juli 2016
Info
HIGH-RISE
Regie: Ben Wheatley
Mit Tom Hiddleston, Sienna Miller, Jeremy Irons, Luke Evans u. a.
119 Minuten, frei ab 16 Jahren
Die Story
Nach seiner Scheidung zieht Dr. Robert Laing (Hiddleston) ins Mittelgeschoss eines Hochhauses, in dem Reiche in Penthäusern leben und die niedrigen Klassen in den tieferen Etagen. Als in den Untergeschossen der Strom abgestellt wird, bricht eine Revolte aus.
Autor: tsc