Und immer grüßt oben eine Burg
S chon der Startplatz könnte malerischer nicht sein: im Schatten der Heiliggeistkirche, die nahe Alte Brücke schon im Blick. Mit dem Fahrrad auf eine der romantischsten Routen, die es im Lande gibt, dem Neckar entlang von Heidelberg nach Hirschhorn. Burgenstraße nennt sich die touristische Route, bei der man immer ein Schloss oder eine Burg im Blick hat. Ihr schönster Teil, der Durchbruch des Neckars durch den roten Sandstein des Odenwalds, ist genau die richtige Strecke für eine gemütliche Radtour, bei der der Blick auf die eine oder andere Sehenswürdigkeit nicht zu kurz kommen soll - auch wenn es, offen gesagt, radlerfreundlichere Touren gibt.
Die Alte Brücke, für Goethe "die schönste der Welt", erweist sich als erstes Hindernis. Nicht etwa wegen des steilen Anstiegs auf Pflaster, sondern wegen der vielen Touristen, die so mit ihren Digitalkameras beschäftigt sind, dass sie keine Augen für Radler haben. Entlang der Ziegelhäuser Landstraße fahren wir am Nordufer des Neckars in Richtung Osten. Der Radweg ist ein umgewidmeter Gehweg mit Gegenverkehr und voller Herbstlaub. Das kann den Reiz der Landschaft mit dem Stift Neuenburg nicht trüben, zumal das Neckartal bald seine erste Kurve nach Süden nimmt. Bei Neckargemünd wechselt die stark befahrene Bundesstraße 37 auf unsere Seite des Flusses. Der Radweg taucht erst einmal runter ans Ufer, von wo aus sich die gegenüberliegende Front der ehemaligen Reichsstadt mit ihren Fachwerkhäusern im Fahren gefahrlos bewundern lässt.
Das Vergnügen am südlichen Neckarufer, wo man sich mal in Baden-Württemberg und mal in Hessen befindet, hält nicht lange an, die Fahrradroute führt schon bald auf den Seitenstreifen der Bundesstraße. Rechts oben, auf der anderen Seite des Flusses, begleitet uns jetzt eine ganz Weile die Silhouette von Dilsberg, einem Städtchen mit einer imposanten Burgruine und einer 17 Meter hohen Mauer. Der viele Jahrhunderte lang uneinnehmbare Burgberg wird auf drei Seiten vom Neckar umschlossen. Doch es kommt noch besser. "Vier-Burgen-Stadt" nennt sich Neckarsteinach zu Recht, und die vier Burgen reihen sich wie Perlen am grünen Berghang oberhalb der Stadt. Die erste, die Schadeck, wird wegen ihrer exponierten Lage auch "Schwalbennest" genannt. Die bedeutendste ist die Ruine der Hinterburg, eine typische Hohenstaufenburg, auf der einst der Minnesänger Bligger II. von Steinach lebte.
Der Radler von heute darf kurz vor dem Städtchen erst einmal wieder ans Neckarufer und von dort aus auf mehr schlecht als recht ausgeschilderten Wegen wieder in Richtung Bundesstraße. So lernt er immerhin manche malerische (Sack-)Gasse kennen, wenn auch nicht ganz freiwillig. Nach Neckarsteinach kommt uns der Fluss auf den nächsten Kilometern in Richtung Hirschhorn ziemlich gerade entgegen, eine gute Gelegenheit, den regen Schiffsgegenverkehr zwischen den Schleusen von Neckarsteinach und Hirschhorn zu bewundern. Kurz vor der "Perle des Neckartals" biegt die Bundesstraße nach rechts auf eine Brücke über den Neckar ab und verschwindet in einem Tunnel. Der Radler folgt dem Schild Zentrum in Richtung Neckarschleife nach Hirschhorn, das mit seinem mittelalterlichen Kern am Sporn zwischen Neckar-, Finken-und Ulfenbachtal liegt und natürlich von einer großen Burganlage gekrönt wird. Der obere Teil der Burg ist heute ein Hotel-Restaurant. Aber auch in den engen und steilen Gassen der mittelalterlichen Altstadt mit Pfarrkirche und ehemaligem Karmeliterkloster gibt es genügend Einkehrmöglichkeiten für hungrige und durstige Radler. Und wenn es gar nicht mehr gehen sollte, verspricht eine handgemalte Tafel wohlfeilen Rat: "Zimmer mit TV/Dusche 30 Euro".
Doch so schlapp sind wir noch nicht - im Gegenteil: An der Neckarschleife stehen wir vor der Wahl, dem Fluss und den Burgen in Richtung Eberbach weiter zu folgen, oder einen Abstecher in den Odenwald zu unternehmen. Wir sparen uns die nicht minder romantische Strecke der Burgenstraße bis Mosbach für einen späteren Zeitpunkt auf und entscheiden uns für den spätherbstlich bunten Wald und folgen dem Ulfenbachtal in Richtung Heddesbach. Hier erinnert der eine oder andere Fabrikschornstein daran, dass in dieser Region nicht immer nur Urlaub gemacht wurde.
Hinter Heddesbach führt ein schmales, streckenweise recht steiles Passsträßchen hoch zum "Eichköpfle". Kurz vor dem höchsten Punkt nehmen wir einen Schluck aus der Hirschquelle. Steil geht es wieder hinab nach Heiligkreuzsteinach. Der Name "Eisenhauer" am Firmenschild eines Bauunternehmens, das einen Rohbau ziert, erinnert daran, dass die Vorfahren des Weltkrieg-II-Generals und späteren US-Präsidenten aus dieser Gegend ausgewandert sind.
Steinach heißt auch der Fluss, dessen Tal wir nun flott bergab fahren. In Schönau fallen ein paar große Sandsteinquader und das Fresko ins Auge, das einem romanischen Kirchenportal nachempfunden ist. Hier stand einmal ein bedeutendes Kloster, von dem nur noch das Herrenrefektorium erhalten ist, das heute als evangelische Kirche dient und die architektonische Verwandtschaft mit Maulbronn nicht leugnen kann.
Von Schönau aus ist es nicht weit zurück in den Schatten der Burgen von Neckarsteinach, wo sich die Runde durch den Odenwald schließt. Mit Muskelkraft oder S-Bahn geht es zurück zum Ausgangspunkt Heidelberg.
Rolf Müller
Die Alte Brücke, für Goethe "die schönste der Welt", erweist sich als erstes Hindernis. Nicht etwa wegen des steilen Anstiegs auf Pflaster, sondern wegen der vielen Touristen, die so mit ihren Digitalkameras beschäftigt sind, dass sie keine Augen für Radler haben. Entlang der Ziegelhäuser Landstraße fahren wir am Nordufer des Neckars in Richtung Osten. Der Radweg ist ein umgewidmeter Gehweg mit Gegenverkehr und voller Herbstlaub. Das kann den Reiz der Landschaft mit dem Stift Neuenburg nicht trüben, zumal das Neckartal bald seine erste Kurve nach Süden nimmt. Bei Neckargemünd wechselt die stark befahrene Bundesstraße 37 auf unsere Seite des Flusses. Der Radweg taucht erst einmal runter ans Ufer, von wo aus sich die gegenüberliegende Front der ehemaligen Reichsstadt mit ihren Fachwerkhäusern im Fahren gefahrlos bewundern lässt.
Das Vergnügen am südlichen Neckarufer, wo man sich mal in Baden-Württemberg und mal in Hessen befindet, hält nicht lange an, die Fahrradroute führt schon bald auf den Seitenstreifen der Bundesstraße. Rechts oben, auf der anderen Seite des Flusses, begleitet uns jetzt eine ganz Weile die Silhouette von Dilsberg, einem Städtchen mit einer imposanten Burgruine und einer 17 Meter hohen Mauer. Der viele Jahrhunderte lang uneinnehmbare Burgberg wird auf drei Seiten vom Neckar umschlossen. Doch es kommt noch besser. "Vier-Burgen-Stadt" nennt sich Neckarsteinach zu Recht, und die vier Burgen reihen sich wie Perlen am grünen Berghang oberhalb der Stadt. Die erste, die Schadeck, wird wegen ihrer exponierten Lage auch "Schwalbennest" genannt. Die bedeutendste ist die Ruine der Hinterburg, eine typische Hohenstaufenburg, auf der einst der Minnesänger Bligger II. von Steinach lebte.
Der Radler von heute darf kurz vor dem Städtchen erst einmal wieder ans Neckarufer und von dort aus auf mehr schlecht als recht ausgeschilderten Wegen wieder in Richtung Bundesstraße. So lernt er immerhin manche malerische (Sack-)Gasse kennen, wenn auch nicht ganz freiwillig. Nach Neckarsteinach kommt uns der Fluss auf den nächsten Kilometern in Richtung Hirschhorn ziemlich gerade entgegen, eine gute Gelegenheit, den regen Schiffsgegenverkehr zwischen den Schleusen von Neckarsteinach und Hirschhorn zu bewundern. Kurz vor der "Perle des Neckartals" biegt die Bundesstraße nach rechts auf eine Brücke über den Neckar ab und verschwindet in einem Tunnel. Der Radler folgt dem Schild Zentrum in Richtung Neckarschleife nach Hirschhorn, das mit seinem mittelalterlichen Kern am Sporn zwischen Neckar-, Finken-und Ulfenbachtal liegt und natürlich von einer großen Burganlage gekrönt wird. Der obere Teil der Burg ist heute ein Hotel-Restaurant. Aber auch in den engen und steilen Gassen der mittelalterlichen Altstadt mit Pfarrkirche und ehemaligem Karmeliterkloster gibt es genügend Einkehrmöglichkeiten für hungrige und durstige Radler. Und wenn es gar nicht mehr gehen sollte, verspricht eine handgemalte Tafel wohlfeilen Rat: "Zimmer mit TV/Dusche 30 Euro".
Vom Neckar aus ein Abstecher in den Odenwald
Doch so schlapp sind wir noch nicht - im Gegenteil: An der Neckarschleife stehen wir vor der Wahl, dem Fluss und den Burgen in Richtung Eberbach weiter zu folgen, oder einen Abstecher in den Odenwald zu unternehmen. Wir sparen uns die nicht minder romantische Strecke der Burgenstraße bis Mosbach für einen späteren Zeitpunkt auf und entscheiden uns für den spätherbstlich bunten Wald und folgen dem Ulfenbachtal in Richtung Heddesbach. Hier erinnert der eine oder andere Fabrikschornstein daran, dass in dieser Region nicht immer nur Urlaub gemacht wurde.
Hinter Heddesbach führt ein schmales, streckenweise recht steiles Passsträßchen hoch zum "Eichköpfle". Kurz vor dem höchsten Punkt nehmen wir einen Schluck aus der Hirschquelle. Steil geht es wieder hinab nach Heiligkreuzsteinach. Der Name "Eisenhauer" am Firmenschild eines Bauunternehmens, das einen Rohbau ziert, erinnert daran, dass die Vorfahren des Weltkrieg-II-Generals und späteren US-Präsidenten aus dieser Gegend ausgewandert sind.
Steinach heißt auch der Fluss, dessen Tal wir nun flott bergab fahren. In Schönau fallen ein paar große Sandsteinquader und das Fresko ins Auge, das einem romanischen Kirchenportal nachempfunden ist. Hier stand einmal ein bedeutendes Kloster, von dem nur noch das Herrenrefektorium erhalten ist, das heute als evangelische Kirche dient und die architektonische Verwandtschaft mit Maulbronn nicht leugnen kann.
Von Schönau aus ist es nicht weit zurück in den Schatten der Burgen von Neckarsteinach, wo sich die Runde durch den Odenwald schließt. Mit Muskelkraft oder S-Bahn geht es zurück zum Ausgangspunkt Heidelberg.
Rolf Müller
am
Fr, 11. November 2005