Und nach dem kalten Ritt eine wärmende Suppe

Hauptsache, das Pferd ist mutig und trittsicher: Wanderreiten durchs winterliche Schuttertal.

M it seinem Namensvetter Aeolos, dem griechischen Gott des Windes, hat Eole wenig gemeinsam - stürmisch ist er jedenfalls nicht. Gemütlich stapft der stämmige Franzose mit dem schwarzen Teddypelz durch den Schnee und schaukelt seine Reiterin durch die idyllische Winterlandschaft bei Seelbach. Während der Wallach vor allem Interesse an dem gescheckten Artgenossenhinterteil vor sich zeigt, nützt die Last in seinem Sattel den kurzen Stopp an der Konradskapelle für einen genussvollen Blick übers Schuttertal: Drüben erhebt sich aus weißgepuderten Bäumen majestätisch die Burgruine Hohengeroldseck.

"Das Pferd gehört dazu, ist aber nicht alles", sagt Reinhold Jaenisch und führt, die Pause ebenfalls nützend, die Reiter gruppe in die Philosophie des Wanderreitens ein: Man nimmt mit, was am Weg liegt - die Landschaft und die Sehenswürdigkeiten, genießt aber auch gutes Essen und Wein aus der Region. Es geht ums Reisen wie zu alten Zeiten. Zeit spielt da normalerweise keine Rolle. Heute freilich zählt sie. Zu kalt wäre es für eine große Runde - trotz Zwiebelsystem bei der Kleidung. Mit den Zottelpelzen der Pferde können noch so dicke Jacken und Stiefel nicht mithalten. So sind die fünf Reiter nur auf "kleiner Tour": Gut zwei Stunden dauert der Ritt entlang des Rebbergs und durch die Streuobstwiesen, die eisig kalte Schutter ein Stück begleitend und dann flott hin durchs Glasbunnental zum Langenhard.

Etwa eine Stunde geht's im Anschluss steil bergab durchs Omersbachtal zurück zum Leibgedinghaus des Seelbacher Schwörerhofes, wo Reinhold Jaenisch (36) und seine Lebensgefährtin Maya Malz (31) im September 2003 ihren Reiterhof eröffnet haben. Die wärmende Suppe wird dort serviert.

"Les Chevaux du monde" hat das Paar seinen Betrieb getauft: Weil es bei sich im großzügigen Laufstall Pferde aus aller Welt versammelt hat. Andalusier aus Spanien, Merens und Percheron aus Frankreich, Appaloosa und Pinto aus den USA, ein Fjord-Pferd aus Norwegen, zwei Haflinger aus Tirol. Maya Malz' "neuer Star" im ehemaligen Kuhstall ist ein Criollo aus Argentinien. "Das einzige Pferd mit Papieren", wie sie lachend feststellt. Denn fürs Wanderreiten ist die Abstammung unwichtig. Hauptsache, die Pferde sind trittsicher, gehfreudig, zuverlässig, mutig. Wie Eole, der stoisch Wassertreten in der Schutter übt.

Schnaubend vor Begeisterung galoppieren kurz darauf alle fünf Vierbeiner den Berg hinauf. Und Reinhold Jaenisch vergewissert sich mit einem Blick über seine Schulter, dass auch Eole mitzieht - wo es die Schneelage zulässt und sich nicht allzu schwere Eisklumpen unter seinen Hufen bilden. Noch, so erzählt Jaenisch, "fehlt uns die optimale Lösung für den Winterbetrieb": Bei den Pferden ohne Hufeisen reibt der Schotter der Schwarzwaldwege das Hufhorn zu stark ab, dagegen stollen die Tiere mit Eisen bei Schnee leicht auf. Wenn das passiert, werden die Pferde eine Weile geführt, bis das Eis von ihren Hufen fällt. So wird's auch den Reitern warm.

Während Maya Malz, die in Stuttgart aufgewachsen ist, seit mehr als 20 Jahren mit Pferden arbeitet und Reittouren in Skandinavien und Island geleitet hat, ist Reinhold Jaenisch ein Späteinsteiger: Nach seinem Lehramtsstudium für Sport und Anglistik daheim in Hannover hat er Jahre im erlebnispädagogischen Bereich gearbeitet, ist Kajak gefahren und geklettert, kam aber dann auf einen Bauernhof im Elsass. Weil seine Kollegen dort das Vieh vom Sattel aus gehütet haben, setzte er sich auch aufs Pferd. Und blieb buchstäblich hängen: Bei der Deutschen Wanderreiter-Akademie (DWA) in Montabaur ließ er sich in drei Jahren zum Wanderrittführer ausbilden. Heute ist er für die DWA zuständiger Leiter für den Mittleren Schwarzwald und das Elsass.

In beiden Gegenden bieten Jaenisch und Malz ganzjährig Reittouren an, vom Zwei-Stunden-Ritt im Schritt für Ungeübte bis hin zur Sechs-Tages-Tour für Profis reicht das Programm. Wer sich ausreichend Sitzfleisch antrainiert hat, steigt erst nach sechs Stunden aus dem Sattel. "15 Kilometer Luftlinie" werden laut Jaenisch als Tagespensum angesetzt - beim Klettern im Gebirge entsprechend mehr. Zum Einsteigen ist die Strecke entlang des winterlichen Schuttertals ideal: Zum einen wegen der schönen Landschaft. Zum anderen, weil sie den Allerwertesten schont. Aber auch, weil's hinterher am Ofen im Schwörerhof so urgemütlich ist.

Andrea Drescher



WANDERREITEN

Les Chevaux du Monde , Omersbach 4, 77960 Seelbach, [TEL] 07823/ 961422, Infos und Programm unter http://www.leschevauxdumonde.com

Weitere Reitbetriebe findet man in der Broschüre "Reiten im Schwarzwald", erhältlich bei der Schwarzwald-Tourismus GmbH, Ludwigstraße 23, 79104 Freiburg, Info-Hotline: 01805/ 661224 (12 Cent/Minute), E-Mail: prospektservice@schwarzwald-tourismus.info
am Fr, 11. Februar 2005

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