Viel Fels und ein komischer Vogel

Wasgau: Wanderland mit Schuhdorf zwischen Elsass und Pfalz.

D ie Elwetritsche ist ein merkwürdiger Vogel: etwas kopflastig mit einem kecken Schwanz, als Raufußhuhn flugunfähig, dafür aber gut zu Fuß. Zu Hause ist sie im Dahner Felsenland und besonders dort zu finden, wo der Pfälzerwald-Verein seine Wanderwege und -hütten sowie einen Elwetritsche-Lehrpfad unterhält. Überm Stammtisch kann der Vogel sogar einen Rucksack tragen. Einen nahen Verwandten hat das sagenhafte, vom Dahner Förster Guscht Espenschied entdeckte Tier in Baden, die Ilwedritsche; einen entfernten in Bayern: den Wolpertinger.

Dass die Elwetritsche gelegentlich einen Rucksack schultert, hat einen guten Grund: Der Wasgau, wo der Vogel sich gewöhnlich rumtreibt, ist Wanderland. Der Name Wasgau kommt, wie die Vogesen, vom Keltengott Vosegus. Landschaftlich gehören Wasgau im Süden des Pfälzer Waldes, und die angrenzenden Berge der Nordvogesen unweit von Wissembourg und Haguenau ohnehin zusammen. Politisch und militärisch war die Region 300 Jahre lang zwischen Deutschen und Franzosen umkämpft - vom pfälzischen Erbfolgekrieg bis 1986, als der letzte Zipfel Wasgau aus französischer Verwaltung entlassen wurde. Heute ist von diesen Auseinandersetzungen nichts mehr zu spüren: Wer zwischen dem Chateau du Fleckenstein, einer imposanten Ruine, und Berwartstein, der einzigen bewohnten Burg der Südpfalz, wandert, weiß oft gar nicht, in welchem der beiden Länder er sich bewegt. Und oft muss der Wanderer schon zweimal hinsehen, um zu entscheiden, ob er vor einer Burg oder einem Felsen steht. Aus rotem Buntsandstein sind sie beide, und die mittelalterlichen Burgenbauer wussten die natürlichen Gegebenheiten schlau zu nutzen. Ganze Geschosse, Treppen und Hallen wurden aus dem Fels herausgearbeitet, ehe obendrauf die eigentlichen Gebäude kamen. Die Bauwut schien dank solcher natürlicher Gegebenheiten keine Grenzen zu kennen, weshalb es manche Burgen gleich im Dreierpack gibt: die drei von Altdahn auf unmittelbar benachbarten Felsen oder - fast in Armbrustweite - im Elsass die Hohenburg, Löwenstein und Fleckenstein.

Womit die ersten Wanderungen im Wasgau schon ihre interessanten Ziele hätten, die sich auch gut miteinander verbinden lassen. Allerdings sollte der Schwarzwälder nicht den Fehler begehen, angesichts der geringeren Höhen den Wasgau zu unterschätzen: Viermal 250 Meter ergeben auch 1000 Höhenmeter, von den Treppen und Stiegen an Felsen und Burgen ganz zu schweigen. Doch die Mühe lohnt sich allemal. Etwa die Wanderung von Nothweiler aus erst zur Wegelnburg, dann über Hohenburg, Löwenstein zur Fleckenstein, wo vor dem letzten Aufstieg in einer Wanderhütte Riesenstücke Kuchen locken, und zuletzt zur einsam gelegenenen Frönsburg. An den Treppen zu den Felsenburgen können sich am Wochenende manchmal die Besucher stauen, doch die gut markierten Wege durch die Buchenwälder hat der Wanderer über weite Strecken für sich alleine.

Im Dahner Felsenland ist es nicht nur die Burgen-Trias von Altdahn, Grafendahn und Tanstein, die auf fünf unmittelbar benachbarten Felsen thronen, sondern auch die Ruinen Neudahn, die über ein feuchtes Naturschutzgebiet wacht, in dem die Hütte der Ortsgruppe Dahn des Pfälzerwald-Vereins liegt. Die Dahner haben in diesem Jahr allen Grund zum Feiern, blicken sie doch auf 100 Jahre zurück. Die Hütte ist auch ohne diesen Anlass einen Besuch wert. Leberknödel mit Kraut und ein Pfälzer Riesling sind der richtige Abschluss eines langen Wandertages.

Auch an Radler hat man im Wasgau gedacht. An der Wieslauter etwa führt ein schöner Radweg von Dahn nach Hinterweidenthal, wo sich der berühmteste Felsen des Wasgau erhebt: der Teufelstisch. Von Hinterweidenthal aus geht der Radweg weiter entlang der viel befahrenen B 10 ins meistbesuchte Dorf im Wasgau: ins Schuhdorf Hauenstein. Von den einstmals drei Dutzend Schuhfabriken ist nicht mehr viel geblieben. Dafür locken aber 14 Schuhgeschäfte zum Einkaufen - von April bis Oktober sogar an Sonntagnachmittag. Wer für den Schuhkauf Anregungen sucht, wird in Hauenstein gleichfalls fündig: im Deutschen Schuhmuseum. In einer ehemaligen Schuhfabrik auf drei Etagen wird die Geschichte der Schuhproduktion in der Pfalz vorbildlich dokumentiert. Eine alte Schuhmacherwerkstatt und ein Schuhgeschäft aus den 50er-Jahren erinnern an die goldenen Zeiten des Handwerks und des Einzelhandels. Und seit diesem Jahr ist das Schuhmuseum, in dem sich bislang schon die Wanderschuhe von Helmut Kohl oder die Freizeitschuhe von Thomas Gottschalk befanden, um 2211 Paar Schuhe aus zwei Jahrtausenden reicher: Europas größte private Schuhsammlung hat jetzt ihren Platz in Hauenstein gefunden.

Rolf Müller

Wasgau: Info bei Tourist-Information Südwestpfalz, [TEL] 06331/809126 oder im

Internet unter http://www.suedwestpfalz-touristik.de Deutsches Schuhmuseum,

[TEL] 06392/915-165 oder im Internet unter http://www.deutsches-schuhmuseum.de

am Fr, 25. Juni 2004

Badens beste Erlebnisse