Vom Mühlendorf zur malerischen Klosterruine

Auf dem Achertäler Heimatpfad kann der Wanderer die schönen Seiten des Schwarzwalds und die Schattenseiten des Tagestourismus erleben.

D er Schwarzwald hat viele Gesichter. Eines der schönsten im Nordschwarzwald zeigt sich entlang der Acher, wo Weinberge, Obstbäume und Wiesen mit zunehmender Höhe vom Wald abgelöst werden. 42 Kilometer ist er lang, der Achertäler Heimatpfad, der die Landschaft zwischen Kappelrodeck und Schwarzwaldhochstraße erschließt. Zu viel also für einen Tag. Wir entscheiden uns für die "obere", die östliche Hälfte und starten in Ottenhöfen. Angesichts von gut 25 Kilometern und 700 Höhenmetern bleiben die Reize des "Mühlendorfs" erst einmal unbeachtet, und wir machen uns auf den gut markierten Weg Richtung Seebach, lassen den Ort aber rechts liegen und wandern auf dem Elsa-Weg die Wiesen hinauf. Üppig behangene Zwetschgen-und Mirabellenbäume wechseln einander ab und lassen gelegentlich die Hände auf Abwege geraten.

Nachdem uns eine Tafel über die Besonderheit von Grimmerswald und seinem Forst aufgeklärt hat, tauchen wir auf steilem Pfad in diesen ein. Nur wenige Wanderer stören hier die Waldesruh'. Erst auf dem Hohfelsen in 871 Meter Höhe stoßen wir auf Gleichgesinnte. Die Aussicht ins Rheintal ist die kurze ungefährliche Kraxelei wert, bei gutem Wetter kann man sogar das Straßburger Münster sehen. Ein weiter Blick bietet sich auch ein paar Höhenmeter weiter, hier hat Lothar für Weitsicht gesorgt. Und die Brachflächen haben noch eine schöne Seite: jede Menge köstlicher Waldhimbeeren.

Die Idylle endet mit dem Weg exakt an der Leitplanke der Schwarzwaldhochstraße. Am Mummelsee groovt der Bär, keine Spur vom "sanften Tourismus", den der Wanderatlas Schwarzwald verspricht - im Gegenteil. Alle Parkplätze sind belegt, und im Zehn-Minuten-Takt spucken die "Freizeitbusse" ihre Fahrgäste aus. Die stürzen sich auf Kuckucksuhren, Bratwürste und in die Mummelsee-Boote. Falls es am schönsten der Seen des Nordschwarzwalds jemals die sagenumwobenen Nixen gegeben hat, dann sind längst auf Tauchstation gegangen. Ihre Stelle hat ein Alleinunterhalter eingenommen, der von einer hölzernen Insel aus den See mit Hammondorgel und Lautsprecher beschallt.

Angesichts des Trubels verzichten wir auf einen Abstecher zur Hornisgrinden-Spitze und schlagen uns rechts in die Büsche. Es wird schnell ruhiger, nur der Verkehrslärm von der B 500 erinnert uns an den "Rummelsee". Der Weg zum Ruhestein hält auch ein kleines Trostpflaster bereit: den Blick auf den zauberhaften Wildsee. Am Ruhestein selbst lädt ein Naturschutzzentrum dazu ein, sich über die Ökologie des Waldes zu informieren. Die Gefahren für denselben sind auch hier nicht zu übersehen: Direkt neben dem Zentrum steht eine Kneipe, die für 16 Uhr "Live-Musik" verspricht. Zum Glück ist es erst 14 Uhr . . .

Einsam und still indessen wird es auf dem Weg nach Allerheiligen. Den Melkereikopf samt wechselnde Blicke auf Hornisgrinde und Seebach haben wir für uns allein. Erst auf dem Parkplatz an der Melkerei begegnen wir zwei türkischen Familien, die hier ein größeres Picknick planen. Während die Männer die technischen Vorbereitungen treffen, wandern die Frauen mit den Kindern erst einmal zur berühmten Klosterruine.

Die ist auch unser Ziel. Romantisch, wie von Caspar David Friedrich gemalt, erheben sich Spitzbögen der Kirchenruine aus grüner Wiese. Das Ende des 12. Jahrhunderts gegründete Prämonstratenser-Kloster gehörte zu den frühesten gotischen Bauten in Deutschland und hat wohl bei der Vermittlung der aus Frankreich und dem nahen Straßburg herüberstrahlenden neuen "Baumode" nach Deutschland eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Derzeit bemüht sich die Verwaltung der "Staatlichen Schlösser und Gärten" um eine Erhaltung der Reste der nach der Säkularisation zum Abbruch freigegebenen Kirche.

Nach kurzer Einkehr im Schatten der Ruine verlassen wir Allerheiligen - und den Achertäler Heimatpfad. Während der in Richtung Simmerberger Kreuz, Waldulm und Kappelrodeck strebt, nehmen wir den Pfad nach Ottenhöfen, der uns entlang der Unterwasser zurück zum Ausgangspunkt bringt. Gut 25 Kilometer sind bis zum frühen Abend zusammengekommen - die "untere" Hälfte des Heimatpfades durch die Wein- und Vorbergzone heben wir uns für kühlere Herbst- oder Frühjahrstage auf. Dies aber ganz sicher.

Rolf Müller

Achertäler Heimatpfad: Infos bei Tourist-Information Seebach [TEL] 07842/9483-20 oder im Internet unter http://www.achertal.com Die Wanderkarte Atlasco Nr. 207 gibt es vor Ort. Der gesamte Achertäler Heimatpfad lässt sich an zwei Tagen etwa von Allerheiligen aus mit einer Übernachtung in Ottenhöfen gut bewältigen. Wer drei Tag Zeit hat, sollte einen für Ottenhöfen und seine Umgebung mit Mühlenweg, Edelfrauengrab und Karlsruher Grat nutzen.

am Fr, 27. August 2004

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