Wanderung im Südschwarzwald

Von Münstertal zur Hohen Kelch

Felsen und Ausblicke: Eine Wanderung vom Münstertal zur Hohen Kelch.

Was fürs Auge und was für die Beine: Eine Wanderung auf die Hohe Kelch vom Untermünstertal aus bietet beides in rauen Mengen – und abwechslungsreiche Routen, schöne Vesperhütten und Aussichtspunkte obendrein.

Startpunkt der Tour ist der Scheuerrain und schon die Fahrt dorthin auf der L 130 Richtung Münsterhalden spendiert eine Kostprobe von dem, was uns erwartet: urige Schwarzwaldhöfe, saftige Matten und steile Wälder, durch die sich Pfade in die Höhe schrauben, die nur schon vom Hingucken Muskelkater machen. Gut gewählt ist der Ausgangspunkt dennoch, denn bis zur sonntags geöffneten Stangenbodenhütte sind es gerade mal 1,4 Kilometer.

Munter plätschern die Gespräche dahin, so wie das Bächlein erst linker, dann rechter Hand des Weges. Doch bald schon verstummen wir und schnaufen durch die Schlucht, die sich immer enger und steiler den Berg hinaufzieht. Oben entschädigen der Anblick der schmucken Hütte und ein Pfad, der geheimnisvoll nach links in den Wald führt.

Nur eine Stunde und 25 Minuten seien es zum Belchengipfel, steht auf dem Schild geschrieben. Doch was es verschweigt, spüren wir bald in den Beinen: Rund 770 Höhenmeter sind’s vom Scheuerrain zur Hohen Kelch, zum Glück gespickt mit wahren Naturschönheiten. Schlangenfelsen heißt eine solche, von deren moosummantelten Steinen aus der Blick weit hinab auf dem Waldpelz fallen kann. So angespornt geht’s weiter, meist im steilen Zickzack folgen wir den Schildern, steigen über wuchtige Blockhalden immer weiter hinauf. Oben entschädigt die Sonneninsel Hohkelchsattel; der Belchen, mit dem wohl schönsten waldfreien Glatzkopf des Schwarzwalds, ist ganz nah. Trotzdem lassen wir ihn links liegen und geben der rummelfreien Hohen Kelch den Vorzug.

Ein kleines Stück westlich geht es dort den Kamm entlang, ehe man hinter dem Wald zu einem zauberhaften, versteckten Traumplatz gelangt. Ein steiles Stück Felsen fällt dort in ein Waldloch, ganz schwarzwalduntypisch ragen zerklüftete Steinklippen aus den Waldhängen heraus. Warum sie wohl so heißt, die Hohe Kelch? Vielleicht weil man sich an der Stille, der Wildheit und dem Ausblick kaum satt trinken kann, mutmaßen wir. Der ganze Schwarzwald bis in die Vogesen und ins Jura hinein liegt einem zu Füßen, gefaltet in Berg und Tal. Weit, weit unter der Felskante breitet sich das grüne Dickicht aus, dunkel und vom Wind zerzaust. Wie eine Insel ragt der Steinbug aus dem Waldmeer, wir stehen oben – vorsichtig – und breiten die Arme aus, spielen Kate Winslet auf der Schwarzwald-Titanic.

Spektakulär ist auch das erste Stück des Pfads Richtung Haldenhof. Das leitet unterhalb der hohen Felsen nun steil und von Geländern behütet durch ein wildes Stück Wald mit Totholz und Steinhängen – und geht viel zu schnell in einen Forstweg über. Der zieht sich zäh wie alter Kaugummi zum Haldenhof, ehe die rote Raute Richtung Kreuzweg/Weiherkopf weist.

Ein letztes Mal schnaufen wir den Berg hoch, durch urigen Wald auf schmalem Pfad, der sich öffnet und über eine steile Bergmatte führt. Dort, wo früher in schneereicheren Zeiten glückliche Skifahrer eine Höhendifferenz von 300 Metern bewältigten, tummeln sich heute mindestens ebenso glückliche Gämsen, die aber scheu und flink das Weite suchen. Einen verwurzelten Pfad später sehen wir unser Vesperziel – die Kälbelescheuer – in das wir im schönsten Abendbrotrot einlaufen. Der restliche Heimweg (3,5 Kilometer der gelben Raute nach zum Dekan Strohmeyer-Haus; von dort ein kurzes Stück Straße zum Scheuerrain zurück) kann erst einmal warten.

Weitere Infos: Wanderkarte: Auf Schusters Rappen rund um Ballrechten-Dottingen, Heitersheim, Münstertal, Staufen und Sulzburg; Tour etwa 18 Kilometer und rund 950 Höhenmeter; reine Gehzeit 6 bis 7 Stunden.
von Anita Fertl
am Fr, 12. Oktober 2018

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