Weihnachtszeit ist Krisenzeit

DRAMA: "Alles ist Liebe".

"Meine Großmutter sagte immer: Die Liebe ist alles, was zählt!", berichtet eine der Heldinnen am Anfang. Wie die Liebe an Weihnachten traditionell unter Druck gerät, will Markus Goller in seinem neuen Film erzählen, aufgefächert in fünf Paargeschichten. Am Anfang erklingt zum weiten Blick über die Stadt Frank Sinatras cooler Ratpack-Sound. Doch schon dieser grandiose Auftakt entlarvt sich bald als Hochstapelei. Viele Geschichten um einen Feiertag herum elegant zu verzahnen, daran scheiterten schon Hollywoodroutiniers wie Garry Marshall. Sein "Happy New Year" spielte immerhin noch in New York, in "Alles ist Liebe" muss das Frankfurter "Main-Hattan" reichen und ein schnödes Einkaufscenter, in dem ein gigantisches Weihnachtsspektakel den Verkaufsendspurt anheizen soll.

Hier trifft Kiki (Nora Tschirner) nach zehn Jahren ihre Jugendliebe wieder – ausgerechnet als sie in einem bombastischen Geschenkkostüm steckt, während Jan (Tom Beck) als Hollywoodstar gebucht ist. Das Idyll von Kerem (Fahri Yardim) und seiner schwangeren Frau Simone (Katharina Schüttler) ist bedroht, weil er ihr verheimlicht, dass er den Job verloren hat. Die Ehe von Clara (Heike Makatsch) ist bereits zerbrochen, da ihr Mann Hannes (Wotan Wilke Möhring) eine Affäre mit der Lehrerin seines Sohnes hatte. Der Bestatter Klaus (Friedrich Mücke) zaudert vor der Hochzeit mit dem Vollstreckungsbeamten Viktor (Christian Ulmen), und dann taucht noch Martin (Elmar Wepper) auf, der als Santa-Darsteller einspringen soll, eigentlich aber mit seinen Jugendverfehlungen ins Reine kommen will.

So setzt sich die Drehbuchmaschinerie in Gang, und es beginnt ein forciert turbulenter Beziehungsreigen, wobei der Tonfall ähnlich wie in Gollers Filmen "Friendship!" und "Frau Ella" zwischen ausgelassener Komik und echten Gefühlen schwankt. Während er sich dort aber noch auf den emotionalen Kern eines Duos oder Trios konzentrierte, verzettelt er sich jetzt in der Vielfalt der Geschichten. Wirklich tödlich aber ist, dass es keinerlei Erdung in der Wirklichkeit gibt. Die Schauplätze sind kein Lebensraum, nur Musterwohnungen, in den Regalen liegen nur Requisiten, die Kinder haben keine Rotznase oder einen Fleck auf dem Pulli. Und wohlkonstruierte Sätze wie "Wir waren mal ein Supersong, jetzt sind wir nur noch eine beschissene Coverversion" kann nur eine Schauspielerin wie Nora Tschirner mit ihrem entwaffnend natürlichen Charme glaubwürdig über die Lippen bringen.
– "Alles ist Liebe" von Markus Goller läuft flächendeckend. (Ab 0 Jahren)
von Anke Sterneborg
am Do, 04. Dezember 2014

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