Wenn die Schiffe baden gehen

Das Schiffshebewerk Arzviller spart den Kapitänen 17 Schleusen.

E in für Erwachsene wie für Kinder eindrucksvolles Ausflugsziel ist das Schiffshebewerk in St. Louis/ Arzviller im nordwestlichen Elsass. Jährlich wollen rund 150 000 Besucher sehen, wie Schiffe "baden gehen", indem sie in einen mächtigen Trog hineinfahren und dann samt "Badewanne" um 44,55 Höhenmeter über einen gut 100 Meter langen Schrägaufzug nach oben oder unten gefahren werden, wo der Rhein-Marne-Kanal dann gen Westen und Osten weitergeführt wird.

Der Rhein-Marne-Kanal verbindet das Pariser Becken mit Straßburg. Er beginnt in Vitry-le-Francois am Marne-Seitenkanal, ist 314 Kilometer lang und hatte ursprünglich 178 Schleusen. Ab 1853 konnte er von der gewerblichen Schifffahrt genutzt werden. Auf der Höhe von Arzviller musste anfänglich auf einer Länge von lediglich vier Kilometern eine Schleusentreppe mit 17 Schleusen gebaut werden, damit die Schiffe Auf- und Abstieg in das Tal der Zorn mit einem Höhenunterschied von gut 44 Metern bewältigen konnten. Dass 17 Schleusen auf einer so kurzen Strecke nicht nur zeitraubend waren, sondern den Bootsführern ganz sicher regelmäßig den Schweiß auf die Stirn getrieben haben - man glaubt es sofort. Kurzum: Die Vielzahl der Schleusen, die recht gefährliche Strecke und schließlich eine zu geringe Wassertiefe führten dazu, dass der Kanal nach dem Krieg modernisiert wurde.

Die Schleusung dauert etwa 25 Minuten

Es gibt jetzt eine durchgängige Wassertiefe von 2,60 Meter, und die Schleusenlänge wurde generell auf 38,5 Meter festgelegt, was im Ergebnis dazu führte, dass die Schiffer bis zu 350 Tonnen (100 Tonnen mehr als früher) Ladung mit sich nehmen konnten. Als dann in den 60er-Jahren die Schleusentreppe von Arzviller mit einem revolutionären Bauwerk überflüssig wurde, gab es eine Vielzahl von Vorteilen: Die Schiffe benötigten für die Strecke zwischen Straßburg und Nancy einen ganzen Betriebstag weniger, statt zuvor 17 Schleusenwärter wurden nur noch zwei benötigt. Hinzu kommt noch, dass das System des Schiffshebewerks fast keine Wasserentnahme benötigt. Die Schiffe - heute fast ausschließlich Sportboote und Freizeitkapitäne - kommen aus beiden Richtungen auf dem Kanal angefahren: In Arzviller fahren sie dann in einen Trog, der eine Nutzlänge von 41 Metern hat, eine Breite von 5,20 Meter und eine Tiefe von 3,20 Metern. Geht man von den heutigen Hausbooten aus, so können mühelos drei solcher Schiffe in den Trog.

Der Trog fährt dann auf einer Ablaufbahn mit 41 Prozent Gefälle los, gestützt auf 32 Laufrädern in acht Drehgestellen. Verbunden ist der Trog mit Gewichten, die jeweils in die Gegenrichtung laufen, 900 Tonnen schwer. Das System des Gegengewichts erlaubt es, dass zum Betrieb der Anlage mit einem Gesamtgewicht von etwa 1800 Tonnen lediglich zwei Elektromotoren von 120 PS benötigt werden.

Für die Steig- oder Talfahrt werden vier Minuten benötigt, einschließlich Ein- und Ausfahrt dauert die Schleusung 25 Minuten - wenn man nicht warten muss, weil andere Boote vorher da waren. Die maximale Geschwindigkeit liegt bei 60 Zentimetern in der Sekunde. Theoretisch könnte die Anlage noch mit einem zweiten Trog gefahren werden.

Bruno Kohlmeyer



INFO-BOX

AUF UND AB

Wer sich das in Europa einzigartige Schiffshebewerk in Arzviller ansehen möchte, der sollte bei der Planung darauf achten, dass er den Ausflug in eine Tagestour einbauen kann, was die Organisation von Mittagessen erleichtert, wenn man kein Vesper mitnehmen möchte.

Anfahrt
Von Lahr aus sind es 100 Kilometer nach Arzviller: Über die A5 bis Autobahnabfahrt Lahr, dann Richtung Kehl. In Altenheim geht es über die Pierre-Pflimlin-Brücke ins Elsass, man passiert Straßburg auf der Westseite, und peilt dann über die A 351, die später zur N 4 wird, Saverne an, von dort geht es weiter Richtung Lutzelbourg bis nach Arzviller/St. Louis. Eineinhalb Stunden Autofahrt von Lahr aus.

Kosten
Wer das Hebewerk bei einer Führung besichtigen möchte, zahlt als Erwachsener drei Euro, Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 16 Jahren sind mit zwei Euro dabei.

Wer das Erlebnis des Schrägaufzugs mitmachen möchte, kann sich in ein Ausflugsboot setzen, das in 45 Minuten einen Auf- und einen Abstieg mit den Fahrgästen macht. Sieben Euro für Erwachsene, fünf Euro für Kinder und Jugendliche. An der Kasse und auf dem Schiff wird Deutsch gesprochen.

Öffnungszeiten
Das Schiffshebewerk ist noch bis zum 31. Oktober geöffnet: Von 10 bis 11.45 Uhr, von 13.30 bis 16.45 Uhr. Motorradfahrer finden übrigens im Eingangsbereich Schließfächer vor.

Info
Ausführliche Informationen über das Schiffshebewerk gibt es abzurufen im Internet unter http://www.plan-incline.com (auch auf Deutsch) sowie unter

[TEL] 0033/387253069.
am Fr, 15. Oktober 2004

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