Woody Allen bringt neue Liebeskomödie auf die Leinwand
Dieser Einladung folgt die Kinogemeinde zwischen Manhattan und Freiburg Jahr für Jahr mit Begeisterung. Auch wenn der Gastgeber, ein alter Herr von inzwischen 79 Lenzen, ein ziemlicher Egomane ist, der gerne von sich selbst erzählt und immer wieder Geschichten, die man so oder ähnlich bereits kennt von ihm. Aber er ist dabei halt ungleich geistreicher als die meisten anderen, die so einladen übers Jahr; er stellt das Festprogramm immer selbst zusammen, und er lässt darin wunderbare Frauen und Männer auftreten, die allein schon dafür sorgen, dass es kein vertaner Abend wird. Manchmal wird es sogar ein denkwürdiger. Wie im letzten Jahr, als der alte Herr, Woody Allen sein Name, mit einer geradezu fantastischen Cate Blanchett die Geschichte einer Diva im freien Fall erzählte. Aber das Kinopublikum, das Woody kennt seit Jahrzehnten, weiß auch, dass Perlen wie "Blue Jasmine" selbst bei ihm recht selten sind.
"Magic in the Moonlight", Allens 43. Regiearbeit, gehört nicht dazu. Zu hübsch, zu harmlos ist diese Romanze um Verzaubern und Entzaubern, die wie die beiden Vorgänger, "Midnight in Paris" (2011) und "To Rome with Love" (2012) wieder in Europa gedreht wurde, diesmal im goldenen Licht der Côte d’Azur. Charmant und dialogwitzig ist dieser Film aber durchaus, schön anzusehen und nett gespielt, ein unterhaltsames Programm für einen Abend mit Wohlfühlgarantie.
Es beginnt im Berlin des Jahres 1928: Nachdem der große Zauberkünstler Wei Ling Soo unter dem frenetischen Jubel des ganzen Theatersaales einen ausgewachsenen Elefanten verschwinden ließ, verwandelt er sich in der Garderobe selbst wieder zurück – in Stanley (Colin Firth), den Engländer und konsequent schlecht gelaunten Menschenfeind. Da taucht sein alter Freund und Kollege Howard (Simon McBurney) auf: An der Côte d’Azur werde eine junge Amerikanerin als Medium gefeiert, eine Betrügerin, keine Frage, aber er, Howard, komme ihr einfach nicht auf die Schliche. Ob Stanley helfen kann? Denn der ist mit seiner tiefen Überzeugung, dass es keine übernatürlichen Realitäten gibt, auch in der Aufdeckung spiritueller Scharlatanerie ein Großmeister.
Sie ist natürlich eine bezaubernde Person, die junge Wahrsagerin Sophie (Emma Stone), der da an der französischen Riviera Herz und Vermögen einer steinreichen Witwe und ihres nicht nur als Troubadour talentfreien Sohnes (köstlich blöd: Hamish Linklater) zu Füßen liegen. Schon ihr visionäres Augenflattern sieht schwer nach Blendwerk aus – aber dann verblüfft sie Stanley mit immer mehr Details aus seinem Leben, die sie unmöglich kennen kann, lässt bei einer Séance unter seinen strengen Blicken Tote anklopfen und Kerzen schweben, bis der eingefleischte Agnostiker ins Zweifeln kommt. Existiert vielleicht doch etwas jenseits seines streng rationalistischen Weltbildes?
Dass es die junge Frau selbst ist, von der er so verzaubert ist, weiß Stanley da noch nicht – und das Publikum ebenso wenig, denn er bleibt viel zu lange nur der zynische Misanthrop mit magerem Charisma. Spielt Firth ihn nicht inspiriert genug oder war Allen einfach zu verliebt in seine eigene Dialogironie? Die Magie der Liebe braucht Raum und Stille, um sich zu entfalten – aber die sind Stanley und Sophie nicht einmal im nächtlichen Observatorium vergönnt, wohin sie vor einem Gewitter flüchten. Nur eine einzige berührende Szene bekommt Firth: Als Stanley um seine todkranke Tante fürchtet und sein ungläubiges Herz in einem Gebet versucht – und dann doch wieder schaudernd Abstand nimmt von seinem "Geseire".
Emma Stone hat es da leichter: Ihre Sophie ist kindlich und betörend, verführerisch und natürlich, und wir glauben ihr alles, bis auf die Tatsache vielleicht, dass sie diesen Stanley liebt. Aber da sind wir ja schon im Komödienfinale, haben über dramaturgische Tricks gestaunt und Filmzitate genossen. Die Bilder sowieso (Kamera: Darius Khondji), das schicke Retro-Ambiente vom Anzug bis zum Cabrio, die Villen und wunderbaren Landschaften und das zärtliche Licht der Côte d’Azur.
Mag sein, dass es Woody Allen vor allem um solche Ausstattungspracht ging. Das Thema seines Films nämlich, das ihn auch persönlich umtreibt (siehe Ticket-Interview) – Glaube, Unglaube und wie sie die Welt(sicht) verändern –, lotet er nie wirklich in die Tiefe. So erheben wir uns nach einem keineswegs denkwürdigen Abend aus dem Kinosessel und hoffen auf das nächste Jahr. An dem wir, wie der alte Herr ja weiß, natürlich wieder dabei sein werden.
– "Magic in the Moonlight" von Woody Allen läuft in Freiburg, Basel und Lörrach. (Ohne Altersbeschränkung) von Gabriele Schoder
"Magic in the Moonlight", Allens 43. Regiearbeit, gehört nicht dazu. Zu hübsch, zu harmlos ist diese Romanze um Verzaubern und Entzaubern, die wie die beiden Vorgänger, "Midnight in Paris" (2011) und "To Rome with Love" (2012) wieder in Europa gedreht wurde, diesmal im goldenen Licht der Côte d’Azur. Charmant und dialogwitzig ist dieser Film aber durchaus, schön anzusehen und nett gespielt, ein unterhaltsames Programm für einen Abend mit Wohlfühlgarantie.
Es beginnt im Berlin des Jahres 1928: Nachdem der große Zauberkünstler Wei Ling Soo unter dem frenetischen Jubel des ganzen Theatersaales einen ausgewachsenen Elefanten verschwinden ließ, verwandelt er sich in der Garderobe selbst wieder zurück – in Stanley (Colin Firth), den Engländer und konsequent schlecht gelaunten Menschenfeind. Da taucht sein alter Freund und Kollege Howard (Simon McBurney) auf: An der Côte d’Azur werde eine junge Amerikanerin als Medium gefeiert, eine Betrügerin, keine Frage, aber er, Howard, komme ihr einfach nicht auf die Schliche. Ob Stanley helfen kann? Denn der ist mit seiner tiefen Überzeugung, dass es keine übernatürlichen Realitäten gibt, auch in der Aufdeckung spiritueller Scharlatanerie ein Großmeister.
Der Entzauberer ist bezaubert
Sie ist natürlich eine bezaubernde Person, die junge Wahrsagerin Sophie (Emma Stone), der da an der französischen Riviera Herz und Vermögen einer steinreichen Witwe und ihres nicht nur als Troubadour talentfreien Sohnes (köstlich blöd: Hamish Linklater) zu Füßen liegen. Schon ihr visionäres Augenflattern sieht schwer nach Blendwerk aus – aber dann verblüfft sie Stanley mit immer mehr Details aus seinem Leben, die sie unmöglich kennen kann, lässt bei einer Séance unter seinen strengen Blicken Tote anklopfen und Kerzen schweben, bis der eingefleischte Agnostiker ins Zweifeln kommt. Existiert vielleicht doch etwas jenseits seines streng rationalistischen Weltbildes?
Dass es die junge Frau selbst ist, von der er so verzaubert ist, weiß Stanley da noch nicht – und das Publikum ebenso wenig, denn er bleibt viel zu lange nur der zynische Misanthrop mit magerem Charisma. Spielt Firth ihn nicht inspiriert genug oder war Allen einfach zu verliebt in seine eigene Dialogironie? Die Magie der Liebe braucht Raum und Stille, um sich zu entfalten – aber die sind Stanley und Sophie nicht einmal im nächtlichen Observatorium vergönnt, wohin sie vor einem Gewitter flüchten. Nur eine einzige berührende Szene bekommt Firth: Als Stanley um seine todkranke Tante fürchtet und sein ungläubiges Herz in einem Gebet versucht – und dann doch wieder schaudernd Abstand nimmt von seinem "Geseire".
Emma Stone hat es da leichter: Ihre Sophie ist kindlich und betörend, verführerisch und natürlich, und wir glauben ihr alles, bis auf die Tatsache vielleicht, dass sie diesen Stanley liebt. Aber da sind wir ja schon im Komödienfinale, haben über dramaturgische Tricks gestaunt und Filmzitate genossen. Die Bilder sowieso (Kamera: Darius Khondji), das schicke Retro-Ambiente vom Anzug bis zum Cabrio, die Villen und wunderbaren Landschaften und das zärtliche Licht der Côte d’Azur.
Mag sein, dass es Woody Allen vor allem um solche Ausstattungspracht ging. Das Thema seines Films nämlich, das ihn auch persönlich umtreibt (siehe Ticket-Interview) – Glaube, Unglaube und wie sie die Welt(sicht) verändern –, lotet er nie wirklich in die Tiefe. So erheben wir uns nach einem keineswegs denkwürdigen Abend aus dem Kinosessel und hoffen auf das nächste Jahr. An dem wir, wie der alte Herr ja weiß, natürlich wieder dabei sein werden.
– "Magic in the Moonlight" von Woody Allen läuft in Freiburg, Basel und Lörrach. (Ohne Altersbeschränkung) von Gabriele Schoder
am
Do, 04. Dezember 2014 um 00:00 Uhr