Zwei Burgen, fleißige Zwerge und alter Käse
D er Sundgau steht im touristischen Schatten der mittleren und unteren Elsass-Regionen. Mulhouse und Altkirch haben einen schweren Stand gegenüber Colmar oder Straßburg, und mit der Weinstraße und ihren pittoresken Dörfen können die "Routes de la carpe frite", die Straßen der frittierten Karpfen, nicht mithalten. Zumal die Fische im fetten Bierteig nicht jedermanns Geschmack und schon gar nicht "Nouvelle cuisine" sind. Dennoch hat auch der Elsässer Süden seinen Reiz. Den Autokennzeichen - und manchen Preisen für einen Café crème - zufolge wissen die Schweizer diese Region durchaus mehr zu schätzen als die rechtsrheinischen Nachbarn.
Also machen wir uns auf die Suche - auf Autobahn und Umgehungsstraße schnell an Mulhouse und Altkirch vorbei auf der D 41 in Richtung Ferrette. Spätestens in Feldbach ist der erste Stopp fällig - im Schatten der Pfarrkirche. Hier beginnt die romanische Straße durch das Elsass. Die Basilika aus dem 12. Jahrhundert war die Kirche eines der bedeutendsten Klöster der Region. Ins Benediktinerinnen-Stift kamen vor allem die Adelstöchter aus dem Sundgau. Dass es sich um ein Frauenkloster handelte, ist auch an den eigenartigen Mauern zwischen Haupt-und Seitenschiffen zu erkennen. So wurden die edlen frommen Damen vor den Blicken des gemeinen Volkes geschützt. Die nach archäologischen Grabungen in den 60er-Jahren hervorragend restaurierte und dennoch archaisch wirkende Kirche ist ein wenig bekanntes und wenig besuchtes Baudenkmal, das tagsüber offenbar immer geöffnet ist.
Hier kann man durchaus noch etwas von der kontemplativen Ruhe eines Klosters ahnen. Deutlich mehr Besucher ziehen die beiden Burgen von Ferrette an - trotz ihres ruinösen Zustandes. Die meisten Neugierigen steigen vermutlich der schönen Aussicht in Richtung Jura wegen auf den Burgberg. Ferrette und seine Burgen sind das Tor vom Sundgau in den Jura. Vor dem Aufstieg ist erst einmal eine kleine Entdeckungstour durch die Oberstadt von Ferrette angesagt, von deren Reiz der nichts ahnt, wer mit dem Auto durch die nur mäßig attraktive Unterstadt fährt. Ganz anders sieht es nämlich weiter oben aus: Renaissance-Rathaus und Ancien Tribunal bilden mit den Bürgerhäusern aus der Zeit um 1700 ein schönes Ensemble. Der Aufstieg zur Burg führt an ein paar Ziegen vorbei zuerst zur Ruine der Unterburg aus dem 14. Jahrhundert, erbaut von den Fuggern. Älter ist die Oberburg, die im 12. Jahrhundert von den mächtigen Grafen von Pfirt, so der deutsche Name von Ferrette, errichtet wurde. Die Grafen von Pfirt, die auch die Kloster von Feldbach gestiftet hatten, herrschten bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts über den Sundgau. Danach fiel die Grafschaft durch Heirat an das Haus Habsburg.
Auf fast 620 Meter Höhe präsentiert sich von der im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Burg aus der Jura in einem eindrucksvollen Panorama. In die Burgruine eingebaut wurde eine hölzerne Plattform mit Sitzgelegenheiten, die zum Verweilen einladen. Die merkwürdige Siedlung in einer Senke südöstlich des Burgbergs, die an verwahrlosten sozialen Wohnungsbau aus den 50er-Jahren erinnert, entpuppt sich bei näherem Nachforschen als Kaserne.
Mit Aufstieg zur Burg und dem Blick in Richtung Jura ist die Tour über die Höhen rund um Ferrette noch nicht am Ende. Ein blauer Punkt und der Hinweis "Grottes des Nains" markiert von der Burg aus den Weg über den 640 Meter hohen Heidenfluh in eine schmale Schlucht, die durchaus die Kulisse für die Wolfsschlucht in Webers "Freischütz" abgeben könnte. In der Felswand verbirgt sich der Eingang zur schmalen Grotte der Zwerge, die gefahrlos erforscht werden kann (Taschenlampe mitnehmen!).
Deren Bewohner, so die oft variierte Sage, haben einst den Menschen der Region nächtens lästige Arbeiten abgenommen - bis sie durch die Neugier und das Kichern junger Mädchen für alle Zeiten verscheucht wurden. Die Heinzelmännchen lassen grüßen. Uns bleibt nach einem Blick in die Höhle nur die geringe Mühe, in einer kleinen Rundwanderung den Weg zurück nach Ferrette zu finden. Wer gerne mehr Bewegung sucht, findet übrigens rund um die kleine Stadt etliche gut ausgeschilderte Wanderwege.
Nun kommt der kulinarisch bedeutsame Teil unseres Ausflugs - und der führt uns nach Vieux Ferrette, ins alte Pfirt also. Den Hang leicht hinauf an der Kirche vorbei bis zu einem Schild, das nach links zu "Käs-Kaller" weist. Ein paar Häuser weiter auf der linken Straßenseite, Rue de la Montagne Nr. 5 gibt es in einem kleinen Laden köstlichen Käse. Die Adresse ist besonders bei Schweizer Käse-Liebhabern bekannt, was auch die Preise erklärt. Der Rohmilchkäse, eine Spezialität des Hauses, ist allerdings sein Geld ebenso wert wie ein zwei Jahre alter Comté. Den Stopp im Käse-Keller kann man auch bereits auf dem Weg von Feldbach nach Ferrette einlegen. Zusammen mit einem Baguette aus der Boulangerie ergibt das dann ein Vesper auf den Bänken auf der Burg. Nun noch ein Fläschchen Rotwein - und fertig ist das Picknick vor stimmiger Kulisse. Denn der reife Comté aus dem Jura mundet vor dem Hintergrund desselben besonders köstlich.
Rolf Müller
Ferrette, Feldbach: Infos unter http://www.tourisme.fr im Internet.
Also machen wir uns auf die Suche - auf Autobahn und Umgehungsstraße schnell an Mulhouse und Altkirch vorbei auf der D 41 in Richtung Ferrette. Spätestens in Feldbach ist der erste Stopp fällig - im Schatten der Pfarrkirche. Hier beginnt die romanische Straße durch das Elsass. Die Basilika aus dem 12. Jahrhundert war die Kirche eines der bedeutendsten Klöster der Region. Ins Benediktinerinnen-Stift kamen vor allem die Adelstöchter aus dem Sundgau. Dass es sich um ein Frauenkloster handelte, ist auch an den eigenartigen Mauern zwischen Haupt-und Seitenschiffen zu erkennen. So wurden die edlen frommen Damen vor den Blicken des gemeinen Volkes geschützt. Die nach archäologischen Grabungen in den 60er-Jahren hervorragend restaurierte und dennoch archaisch wirkende Kirche ist ein wenig bekanntes und wenig besuchtes Baudenkmal, das tagsüber offenbar immer geöffnet ist.
Hier kann man durchaus noch etwas von der kontemplativen Ruhe eines Klosters ahnen. Deutlich mehr Besucher ziehen die beiden Burgen von Ferrette an - trotz ihres ruinösen Zustandes. Die meisten Neugierigen steigen vermutlich der schönen Aussicht in Richtung Jura wegen auf den Burgberg. Ferrette und seine Burgen sind das Tor vom Sundgau in den Jura. Vor dem Aufstieg ist erst einmal eine kleine Entdeckungstour durch die Oberstadt von Ferrette angesagt, von deren Reiz der nichts ahnt, wer mit dem Auto durch die nur mäßig attraktive Unterstadt fährt. Ganz anders sieht es nämlich weiter oben aus: Renaissance-Rathaus und Ancien Tribunal bilden mit den Bürgerhäusern aus der Zeit um 1700 ein schönes Ensemble. Der Aufstieg zur Burg führt an ein paar Ziegen vorbei zuerst zur Ruine der Unterburg aus dem 14. Jahrhundert, erbaut von den Fuggern. Älter ist die Oberburg, die im 12. Jahrhundert von den mächtigen Grafen von Pfirt, so der deutsche Name von Ferrette, errichtet wurde. Die Grafen von Pfirt, die auch die Kloster von Feldbach gestiftet hatten, herrschten bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts über den Sundgau. Danach fiel die Grafschaft durch Heirat an das Haus Habsburg.
In die dunkle Höhle Taschenlampe mitnehmen
Auf fast 620 Meter Höhe präsentiert sich von der im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Burg aus der Jura in einem eindrucksvollen Panorama. In die Burgruine eingebaut wurde eine hölzerne Plattform mit Sitzgelegenheiten, die zum Verweilen einladen. Die merkwürdige Siedlung in einer Senke südöstlich des Burgbergs, die an verwahrlosten sozialen Wohnungsbau aus den 50er-Jahren erinnert, entpuppt sich bei näherem Nachforschen als Kaserne.
Mit Aufstieg zur Burg und dem Blick in Richtung Jura ist die Tour über die Höhen rund um Ferrette noch nicht am Ende. Ein blauer Punkt und der Hinweis "Grottes des Nains" markiert von der Burg aus den Weg über den 640 Meter hohen Heidenfluh in eine schmale Schlucht, die durchaus die Kulisse für die Wolfsschlucht in Webers "Freischütz" abgeben könnte. In der Felswand verbirgt sich der Eingang zur schmalen Grotte der Zwerge, die gefahrlos erforscht werden kann (Taschenlampe mitnehmen!).
Deren Bewohner, so die oft variierte Sage, haben einst den Menschen der Region nächtens lästige Arbeiten abgenommen - bis sie durch die Neugier und das Kichern junger Mädchen für alle Zeiten verscheucht wurden. Die Heinzelmännchen lassen grüßen. Uns bleibt nach einem Blick in die Höhle nur die geringe Mühe, in einer kleinen Rundwanderung den Weg zurück nach Ferrette zu finden. Wer gerne mehr Bewegung sucht, findet übrigens rund um die kleine Stadt etliche gut ausgeschilderte Wanderwege.
Nun kommt der kulinarisch bedeutsame Teil unseres Ausflugs - und der führt uns nach Vieux Ferrette, ins alte Pfirt also. Den Hang leicht hinauf an der Kirche vorbei bis zu einem Schild, das nach links zu "Käs-Kaller" weist. Ein paar Häuser weiter auf der linken Straßenseite, Rue de la Montagne Nr. 5 gibt es in einem kleinen Laden köstlichen Käse. Die Adresse ist besonders bei Schweizer Käse-Liebhabern bekannt, was auch die Preise erklärt. Der Rohmilchkäse, eine Spezialität des Hauses, ist allerdings sein Geld ebenso wert wie ein zwei Jahre alter Comté. Den Stopp im Käse-Keller kann man auch bereits auf dem Weg von Feldbach nach Ferrette einlegen. Zusammen mit einem Baguette aus der Boulangerie ergibt das dann ein Vesper auf den Bänken auf der Burg. Nun noch ein Fläschchen Rotwein - und fertig ist das Picknick vor stimmiger Kulisse. Denn der reife Comté aus dem Jura mundet vor dem Hintergrund desselben besonders köstlich.
Rolf Müller
Ferrette, Feldbach: Infos unter http://www.tourisme.fr im Internet.
am
Do, 08. April 2004