Zwei gegen die Welt
"Babylon Berlin" im Fernsehen, "Stella" als Buch und jetzt "Kleiner Mann – was nun?" am Wallgraben-Theater. Ein Fokus kultureller Betrachtung liegt derzeit auf Stoffen, die in Berlin während der Weimarer Republik oder des Nationalsozialismus spielen. Das mag mit dem derzeitigen Anwachsen von radikalen Parteien und dem Bedeutungsverlust von Volksparteien zu tun haben.
Ein Lackmustest für den Glauben deutscher Theatermacher an die Belastbarkeit unserer Demokratie ist Hans Falladas "Kleiner Mann – was nun?" dann doch nicht. Bereits in den 70er Jahren hatten sich Peter Zadek und Tankred Dorst an eine Bühnenadaption des 1932 erschienenen Romans gemacht. Viele weitere folgten, Luk Perceval etwa 2010 und vor drei Jahren am Berliner Maxim Gorki Theater Hakan Savas Mican. Die Zeitzeugenschaft von Fallada ist nur ein Ansatz für eine Dramatisierung, ein anderer wäre die Ausbeutung des Individuums im Kapitalismus – was bei Fallada verschärft wird durch die Wirtschaftskrise.
Andreas von Studnitz, dessen Inszenierung am Samstag, 30. März, im Freiburger Wallgraben-Theater Premiere haben wird, hat etwas anderes herausgearbeitet. Es ist die Liebe und tiefe Verbundenheit eines Paares, das auch bei erheblichem Gegenwind zueinanderhält. Pinneberg, so holt von Studnitz aus, der eine eigene Theaterfassung des Stücks geschrieben hat, sei jemand, der immer nur so halb an sich glaube, Lämmchen jedoch ein auffallend positiver Mensch.
Andreas von Studnitz’ Grundgedanke, die Familie in den Mittelpunkt zu stellen, ist nicht nur deshalb theatralisch, weil Familien zu Dramen neigen, sondern, weil das Kleine das Große widerspiegelt. "Sämtliche gute Stücke haben diese Schnittstelle, an der Persönliches auf sich zuspitzende gesellschaftliche Verhältnisse verweise", sagt Andreas von Studnitz, der regelmäßig im Wallgraben-Theater Regie führt, und zuletzt auch als Schauspieler auf der Kammerbühne zu sehen war. Was Pinneberg und Lämmchen zustieß – erst der Jobverlust Pinnebergs, dann ein Abdriften ins gänzlich Prekäre – geschah Ende der 1920er und Anfang der 30er Jahre vielen, was die junge Demokratie anfällig für linken und rechten Extremismus machte. Ein Jahr nach Erscheinen des Romans werden dann die Nationalsozialisten an der Regierung sein.
Man liest aus Falladas Roman eine Sympathie für die Arbeiterklasse, aus der Lämmchen stammt. Während Arbeiter zueinanderhalten, ist es für die Arbeitgeber ein Leichtes, Angestellte gegeneinander auszuspielen und auszubeuten. Und so wird aus dem einstigen Buchhalter Pinneberg erst ein Verkäufer, dann einer der unzähligen Arbeitslosen der Weimarer Republik. Am Ende bessert Lämmchen für andere die Wäsche aus und hält sich und ihre Familie über Wasser.
Für Regine Effinger, Mitinhaberin des Wallgraben-Theaters, hat die Grundkonstellation etwas Zeitloses. Man wird Pinneberg und Lämmchen als Pärchen der 1930er Jahre erkennen, sagt sie. Kein Grund, die gesellschaftlichen Analysen nur auf die Zwischenkriegszeit zu beziehen.
Termine: Freiburg, "Kleiner Mann – was nun?" nach Hans Fallada, Wallgraben-Theater, Premiere: Sa, 30. März, 20 Uhr; weitere Aufführungen bis 18. Mai von Annette Hoffmann
Andreas von Studnitz, dessen Inszenierung am Samstag, 30. März, im Freiburger Wallgraben-Theater Premiere haben wird, hat etwas anderes herausgearbeitet. Es ist die Liebe und tiefe Verbundenheit eines Paares, das auch bei erheblichem Gegenwind zueinanderhält. Pinneberg, so holt von Studnitz aus, der eine eigene Theaterfassung des Stücks geschrieben hat, sei jemand, der immer nur so halb an sich glaube, Lämmchen jedoch ein auffallend positiver Mensch.
Andreas von Studnitz’ Grundgedanke, die Familie in den Mittelpunkt zu stellen, ist nicht nur deshalb theatralisch, weil Familien zu Dramen neigen, sondern, weil das Kleine das Große widerspiegelt. "Sämtliche gute Stücke haben diese Schnittstelle, an der Persönliches auf sich zuspitzende gesellschaftliche Verhältnisse verweise", sagt Andreas von Studnitz, der regelmäßig im Wallgraben-Theater Regie führt, und zuletzt auch als Schauspieler auf der Kammerbühne zu sehen war. Was Pinneberg und Lämmchen zustieß – erst der Jobverlust Pinnebergs, dann ein Abdriften ins gänzlich Prekäre – geschah Ende der 1920er und Anfang der 30er Jahre vielen, was die junge Demokratie anfällig für linken und rechten Extremismus machte. Ein Jahr nach Erscheinen des Romans werden dann die Nationalsozialisten an der Regierung sein.
Man liest aus Falladas Roman eine Sympathie für die Arbeiterklasse, aus der Lämmchen stammt. Während Arbeiter zueinanderhalten, ist es für die Arbeitgeber ein Leichtes, Angestellte gegeneinander auszuspielen und auszubeuten. Und so wird aus dem einstigen Buchhalter Pinneberg erst ein Verkäufer, dann einer der unzähligen Arbeitslosen der Weimarer Republik. Am Ende bessert Lämmchen für andere die Wäsche aus und hält sich und ihre Familie über Wasser.
Für Regine Effinger, Mitinhaberin des Wallgraben-Theaters, hat die Grundkonstellation etwas Zeitloses. Man wird Pinneberg und Lämmchen als Pärchen der 1930er Jahre erkennen, sagt sie. Kein Grund, die gesellschaftlichen Analysen nur auf die Zwischenkriegszeit zu beziehen.
Termine: Freiburg, "Kleiner Mann – was nun?" nach Hans Fallada, Wallgraben-Theater, Premiere: Sa, 30. März, 20 Uhr; weitere Aufführungen bis 18. Mai von Annette Hoffmann
am
Fr, 29. März 2019