Stimmen-Festival

Marktplatz-Konzert mit Bob Dylan

Bob Dylan kommt auf der "Never ending Tour" auf den Marktplatz in Lörrach.

"Bob Dylan fesselt dich von der Wiege bis zu Bahre", hat Bono einmal gesagt. Wie aber kann der irische Rocksänger und U2-Frontman zu dieser – wie zahllose "Bobcats", sprich eingefleischte Dylan-Fans beweisen – verbreiteten Haltung kommen? Möglicherweise spielt da Dylans legendäres Selbstbewusstsein, das sich nicht um die Erwartungen anderer schert, eine Rolle. "Mir ist egal, was die Leute von mir erwarten. Ich tue Gottes Werk. Etwas anderes habe ich nicht gelernt", bekräftige der Mann aus Duluth im US-Bundesstaat Minnesota beispielsweise schon vor Jahren seine unabhängigen Geist. Eine Haltung, die er bereits 1965 beim Newport Folk Festival andeutete mit dem damals heiß diskutierten Wechsel vom akustischen Folk zum elektrischen Folkrock, der die Folkie-Szene brüskierte.

Fraglos trägt auch das musikalische Œuvre zu solchen Urteilen bei. Dylans Lieder verströmen den Geist und die Geschichte der vergangenen 50 Jahre, wie wenige sonst. Er beginnt als Sprachrohr der amerikanischen Protest- und Bürgerrechtsbewegung, wird zur Gallionsfigur der Hippies, erfindet mit den Beatles und den Rolling Stones die "Roaring Sixties", wird zum Rockstar mit dunkler Brille, zahllosen Affären, Drogen, entwickelt sich vom Folkprediger zum psychedelischen Visionär. Im Juni 1966 verunglückt er dann mit dem Motorrad, zieht sich zurück aufs Land, kommt 1969 zunächst mit ländlichem Country-Stil wieder und schüttet auf dem hochgelobten Comeback-Album "Blood On The Tracks" 1975 sein Herz aus ...

Bob Dylan war und ist eine Symbolfigur der Moderne – auch wenn er sich der gegenüber immer wieder kritisch und distanziert geäußert hat. Das ist übrigens einer der vielen Widersprüche, die Robert Allen Zimmermann alias Bob Dylan – dessen Mutter eine "richtige Glucke" war, wie der Poppoet Allen Ginsberg einmal sagte – in sich trägt und halbwegs erfolgreich integriert; was vermutlich eine weitere Wurzel seiner Faszination ist. Eine solche aber sind – wie gesagt – vor allem die Songs, samt der da angerissenen archaischen, existenziellen Themen und dem immer wieder anklingenden Humor. Dylan steht für populäre Songs en masse – von "Blowin’ In The Wind", das in den Konzerten regelmäßig als Zugabe kommt, über den Protestsong "Masters Of War" von 1963, die Hippie-Hymne "Like A Rolling Stone" (1965), das 11-Minuten Psychodramastück "Sad Eyed Lady" (1966) oder "Knockin’ On Heaven’s Door" aus dem Film "Pat Garret und Billy The Kid" (1973), "Forever Young" von 1974 und viele Balladen, für die er seit den 60er-Jahren ein besonders Gespür zeigt, bis zu neuen Liedern wie dem Titanic-Epos "Tempest" von 2012.

Wer so lange im Musikgeschäft ist, wird zwar fast zwangsläufig mit Vorwürfen konfrontiert, nichts Neues mehr zu kreieren, nur alte Erfolge abzufeiern. Ende der 70er-, Anfang der 80er Jahre rutschte Dylan zeitweise tatsächlich in ein schöpferischen Krise, ließ sich darüber unter anderem auf eine unglückliche Kooperation mit der US-amerikanischen Psychedelic-Rockband Grateful Dead ein und fand erst Ende der 80er Jahre nach religiösen Erweckungserlebnissen, die er in den "Chronicles" beschreibt, langsam wieder in die Spur.

Von Stagnation aber konnte und kann bei dem inzwischen 74-Jährigen, der seit 1988 auf einer von den Medien "Never ending Tour" getauften, rastlosen Tournee unterwegs ist, gleichwohl keine Rede sein. Im Gegenteil: Wenige Musiker haben sich so oft gehäutet wie Dylan – zuletzt mit der neuen CD "Shadows In The Light", auf der er Hits interpretiert, die Frank Sinatra eingesungen hat und (mal wieder) etwas irritiert. Die Setlist der aktuellen Tour, die dieser Tage nach Europa kommt, in Mainz und Tübingen beginnt und über Wien, Rom, Barcelona, Madrid auch nach Lörrach führt, wirkt da fast beruhigend, enthält sie doch nur zwei Sinatra-Hits ("Autumn Leaves" und "Stay with me",) aber fünf Stücke vom 2012er-Album "Tempest".
– Donnerstag, 16. Juli, 20 Uhr, Marktplatz Lörrach
von alb
am Sa, 13. Juni 2015

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